Trotz Krankenhausreform ambulante Versorgung im Blick behalten

Berlin – In den vergangenen Monaten sei hauptsächlich über die Krankenhausreform diskutiert worden, einen stärkeren Blick auf die ambulante Versorgung wünscht sich deshalb Ellen Haußdörfer (SPD), Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege des Landes Berlin.
Eine solche Schwerpunktsetzung sei mit Blick auf die zu erwartenden „dramatischen Veränderungen“ der Versorgungsstrukturen in den kommenden Jahren unbedingt notwendig, betonte Haußdörfer gestern im Rahmen des Barmer-Herbstforums.
Angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei zugleich schon jetzt spürbarem Fachkräftemangel und Kostendruck stelle die Ambulantisierung einen wichtigen Baustein zur Sicherung der künftigen Versorgung dar.
Wolle man dies weiter vorantreiben, müssten aber auch die Strukturen entsprechend ertüchtigt und angepasst werden – was wiederum Investitionen erfordere. Haußdörfer verwies auf die letzte Ausweitung des AOP-Katalogs.
Diese habe „keine bahnbrechende Wirkung“ erzielt, da die Regelungen zu kleinteilig gestaltet seien und seitens der potenziellen Leistungserbringer über eine nicht kostendeckende Vergütung geklagt werde.
Grundsätzlich bestehe aus ihrer Sicht das Problem, dass die Erbringung von – im Vergleich zu stationären schlechter vergüteten – ambulanten Leistungen einen gewissen „Trennungsschmerz“ bei Krankenhäusern auslösten.
Die derzeit schwierige Situation vieler Kliniken sei zusätzlich höchst hinderlich beim „Blick über den Tellerrand“. Dass die ambulanten Strukturen unter den gegebenen Bedingungen im größeren Umfang vormals stationäre Leistungen übernehmen können, sei ebenfalls „fraglich“.
Michael Weller, Leiter der Abteilung 2 Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im Bundesgesundheitsministerium (BMG), verwies auf die geplante Krankenhausreform, in der die Ambulantisierung einen wichtigen Aspekt darstellt.
Dies betreffe sowohl einen „Neuaufbruch“ bei dem Instrument der Hybrid-DRG als auch das Konzept der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen (Level-1i-Einrichtungen), so Weller. Mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wolle man einen Rahmen schaffen, welcher es den regionalen Akteuren erlaubt, jeweils vor Ort passende Versorgungslösungen umsetzen zu können. Hierbei sei man „sehr stark in der Praxis verwurzelt“.
Kliniken fehlt „Gesamtpaket“
Dies schätzte Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung des Krankenhauskonzerns Vivantes, anders ein. Man analysiere bereits, wo und wie Leistungen konzentriert oder ambulant erbracht werden könnten.
Der Komplexitätsgrad dieser Entwicklungen sei aber hoch und die Transformationsprozesse müssten auch ausreichend finanziell unterstützt werden. Notwendig sei ein entsprechendes „Gesamtpaket“ für eine verlässliche Planung der Kliniken sowie genügend Zeit.
Seiner Einschätzung nach sind zudem die vom BMG geplanten Level-1i-Einrichtungen „nicht wirklich geeignet“, um verstärkt ambulante Leistungen in die Fläche zu bringen. Mit Blick auf den sich verstärkenden Fachkräftemangel werde sich der Aufbau von neuen und gegebenenfalls sogar parallelen Angeboten aber ohnehin schwierig gestalten, so Danckert.
Ähnlich äußerte sich Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Man habe schlichtweg nicht das Personal, um Versorgung in Level-1i-Einrichtungen zu leisten. Höchst kritisch sehe man auch den „Griff in den Topf der Kassenärztlichen Vereinigungen“ zur Finanzierung. Dies gefährde die funktionierende ambulante Versorgung durch die Praxen, warnte Ruppert.
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