Vermischtes

TÜV soll in Brustimplan­tateskandal mehr als zehn Millionen Euro zahlen

  • Freitag, 12. Januar 2024
/picture alliance, SZ Photo, Stefanie Preuin
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Nanterre – Im Skandal um mangelhafte Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) hat ein Gericht den TÜV Rheinland zur Zahlung von mehr als zehn Millionen Euro Schadenersatz an hunderte betroffene Frauen verurteilt.

Eine Zivilkammer des Gerichts in Nanterre nahe Paris urteilte gestern, dass das Prüfunternehmen 605 von 1.319 Klägerinnen entschädigen muss. Die meisten der Frauen in diesem Verfahren kommen aus Großbritannien.

Das Gericht erklärte, von 2002 an habe es bei PIP eine Diskrepanz zwischen der Menge des bestellten Gels für die Brustimplantate und der Zahl der hergestellten Prothesen gegeben. Das sei eine „offensichtliche Anomalie“ gewesen, die dem TÜV hätte auffallen müssen.

TÜV-Anwältin Christelle Coslin kritisierte das Urteil und kündigte an, dass sie dem TÜV empfehlen werde, Be­rufung einzulegen. Frankreichs oberstes Gericht hatte im vergangenen Mai eine Mitverantwortung des TÜV Rheinland in dem Brustimplantateskandal endgültig bestätigt.

Der TÜV Rheinland Frankreich sei bei der Prüfung der Implantate seinen „Pflichten zur Kontrolle, Sorgfalt und Wachsamkeit“ nicht nachgekommen, urteilte der Kassationsgerichtshof in Paris. Der letztinstanzliche Richter­spruch war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Entschädigung zehntausender betroffener Frauen auf der ganzen Welt.

Der Skandal war 2010 ans Licht gekommen. Damals stellten die französischen Gesundheitsbehörden erstmals fest, dass die Brustimplantate von PIP überdurchschnittlich oft rissen und nur mit billigem Industriesilikon ge­füllt waren. In dem Fall gab es bereits eine ganze Reihe von Prozessen gegen den TÜV Rheinland, unter ande­rem auch in Deutschland.

Von 2001 bis 2010 hatte PIP weltweit rund eine Million der minderwertigen Implantate verkauft. 400.000 Frauen trugen gesundheitliche Schäden davon, insbesondere in Lateinamerika. Auch in Deutschland waren tausende Frauen von dem PIP-Skandal betroffen.

Nach Angaben des TÜV Rheinland vom vergangenen November sind in Deutschland alle Gerichte zu dem Ergeb­nis gekommen, dass die Prüfstelle „verantwortungsvoll und in Übereinstimmung mit allen geltenden Gesetzen und Normen gehandelt habe“.

Es habe in Deutschland mehr als 240 klageabweisende Entscheidungen gegeben. Auch in Belgien, Italien und Spanien seien Klagen abgewiesen worden, betonte TÜV Rheinland. Lediglich in Frankreich gebe es weiterhin Rechtsstreitigkeiten.

TÜV Rheinland hat nach eigenen Angaben nicht die Implantate der Herstellerfirma PIP geprüft, sondern das Qualitätsmanagementsystem des Unternehmens zertifiziert. PIP-Gründer Jean-Claude Mas war 2016 wegen schweren Betrugs sowie Täuschung des TÜV zu vier Jahre Haft und 75.000 Euro Strafe verurteilt worden.

Sein Tod im Jahr 2019 setzte den Verfahren gegen sein Unternehmen ein Ende, das nach dem Skandal abge­wickelt worden war. Von 2001 bis 2010 hatte PIP weltweit rund eine Million der minderwertigen Implantate verkauft. 400.000 Frauen trugen gesundheitliche Schäden davon, insbesondere in Lateinamerika.

afp

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