Typ 2-Diabetes: Früher Einsatz von Insulin könnte Sterberisiko erhöhen

Nashville – Bei Patienten mit Typ 2-Diabetes, die unter einer Metformingabe keine befriedigende Blutzuckerkontrolle erzielen, könnte die zusätzliche Gabe von Insulin riskanter sein als die Kombination mit einem Sulfonylharnstoff. Eine retrospektive Kohortenstudie im Amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2014; 311: 2288-2296) ermittelte einen Anstieg von nicht-tödlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder der Gesamtsterblichkeit.
Metformin ist beim Typ 2-Diabetes Mittel der ersten Wahl. Da Insulinresistenz und Beta-Zell-Erschöpfung trotz der Behandlung weiter fortschreiten, wird früher oder später ein zweites Medikament notwendig. Neben der Kombination mit einem weiteren oralen Antidiabetikum kommt auch der Beginn einer zusätzlichen Insulintherapie infrage. Die meisten Patienten entscheiden sich für die zweite Blutzuckertablette.
In den letzten Jahren ist jedoch der Anteil der Patienten gestiegen, die frühzeitig Insulin oder ein Insulinanalogon spritzen (in den USA von 10 Prozent in 2009 auf 15 Prozent in 2010). Viele Diabetologen befürworten den frühzeitigen Einsatz von Insulin, da die Wirkung stärker ist und die Beta-Zellen geschont werden.
Auch Christianne Roumie von der Vanderbilt University in Nashville/Tennessee und Mitarbeiter hatten erwartet, dass die Kombination mit Insulin die Rate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Mortalität gegenüber einer Kombination mit Sulfonylharnstoffen senken würde. Ihre Auswertung von Daten der US-Veteranenbehörde kommt jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis. In einer Propensity-Analyse stellten die Forscher 2.436 Patienten, die Metformin mit Insulin kombinierten, einer Gruppe von 12.180 Patienten gegenüber, die die Wirkung von Metformin mit einem Sulfonylharnstoff verstärkten.
Die Propensity-Analyse versucht die bei retrospektiven Studien häufigen Verzerrungen zu vermeiden, indem sie Patienten gegenüberstellt, bei denen alle (bekannten) Begleitfaktoren identisch sind. Das Verfahren konnte in den letzten Jahren weiter entwickelt. Roumie ergänzte ihre Analyse zudem um weitere statistische Methoden, die Fehler vermeiden sollen.
Es blieb jedoch bei dem Befund, dass die Wahl von Insulin als Metformin-Partner mit einem um 30 Prozent erhöhten Risiko auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einen Tod verbunden war (adjustierte Hazard Ratio, aHR; 1,30; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,07-1,58). Bei der Mortalität kam es sogar zu einem Anstieg um 44 Prozent (aHR 1,44; 1,15-1,79).
Der Grund für den Anstieg ist unklar. Die Auswertung der (notorisch unzuverlässigen) Diagnosen in den Totenscheinen ließ einen Anstieg der Krebsmortalität (aHR 1,85; 1,21-2,84) erkennen. Roumie enthält sich hier jedoch jeglicher Spekulationen. Auch die Editorialistin Monika Safford von der University von Alabama in Birmingham rät dazu, zunächst die Analyse weiterer Datenbanken (Medicare, Kaiser, Group Health Cooperative) abzuwarten, bevor der Insulingabe eine krebsfördernde Wirkung zugeschrieben wird.
Insulin gehört jedoch zu den Wachstumsfaktoren, die im Prinzip eine stimulierende Wirkung auf Krebszellen haben. Das erhöhte Krebsrisiko adipöser Menschen wird mit der oft begleitenden Insulinresistenz in Verbindung gebracht, die im Körper die Produktion von Insulin deutlich steigert.
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