Typ 2-Diabetes: Tägliche Blutzuckerkontrollen verbessern HbA1c in Studie nur kurzfristig

Chapel Hill – Die Blutglukose-Selbstmessung, ein essenzieller Bestandteil der Insulintherapie, ist bei Patienten mit Typ 2-Diabetes, die ihren Blutzucker ohne Insulin kontrollieren, entbehrlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine randomisierte Studie in JAMA Internal Medicine (2017; doi: 10.1001/jamainternmed.2017.1233), in der die Blutglukose-Selbstmessung den Blutzucker-Langzeitwert (HbA1c) nur vorübergehend verbesserte.
Ob Patienten mit Typ 2-Diabetes, die (noch) kein Insulin injizieren müssen, ihren Blutzucker regelmäßig kontrollieren sollten, ist umstritten. Eine Notwendigkeit besteht nicht, da die Gefahr einer Hypoglykämie unter der Behandlung mit oralen Antidiabetika meist gering ist. Einige Diabetologen argumentieren, dass die Selbstkontrolle die Eigenverantwortung der Patienten verstärkt, deren Erkrankung oft Folge eines langjährigen ungesunden Lebensstils ist. Andere halten dagegen, dass die Blutglukose-Selbstmessung viele Patienten, die ohnehin bereits unter Schuldgefühlen leiden, verunsichert und verängstigt.
Ein wichtiges Argument für die Blutglukose-Selbstmessung wäre sicherlich eine Verbesserung der langfristigen Blutzucker-Einstellung. Frühere Studien sind hier zu keinem einheitlichen Ergebnis kommt.
Das US-amerikanische Patient-Centered Outcomes Research Institute, eine regierungsunabhängige Organisation, die im Rahmen des Patient Protection and Affordable Care Act („Obamacare“) gegründet wurde und mit öffentlichen Mitteln unterstützt wird, hat die Frage kürzlich in einer größeren randomisierten Studie geklärt. An der pragmatischen Studie nahmen an 13 Praxen 450 Patienten mit Typ 2-Diabetes und einem HbA1c-Wert zwischen 6,5 und 9,5 Prozent teil. Die Diagnose war im Durchschnitt vor sechs Jahren gestellt worden und die meisten Patienten kontrollierten ihren Blutzucker mit Metformin oder Sulfonylharnstoffen.
Die Patienten wurden auf drei Gruppen verteilt. In der ersten Gruppe führten die Patienten keine Blutglukose-Selbstmessungen durch. In den beiden anderen Gruppen sollten sie einmal täglich den Blutzucker bestimmen. In einer der beiden Gruppen wurden die Patienten aufgefordert ihre täglichen Messergebnisse über eine Internet-Plattform zu melden. Als Belohnung erhielten sie Tipps und ermutigende Rückmeldungen.
Zunächst waren alle Patienten motiviert. Drei Viertel hatten bereits vor Studienbeginn Erfahrungen mit der Blutglukose-Selbstmessung und 40 Prozent befürworteten die Selbstkontrolle. Nach sechs Monaten war der HbA1c-Wert im Durchschnitt von 7,5 Prozent auf etwa 7 Prozent abgefallen, er lag jetzt um 0,33 Prozentpunkte niedriger als in der Kontrollgruppe, wo es auch ohne Selbstmessungen zu einer leichten Verbesserung gekommen war. Zu diesem Zeitpunkt war die Compliance mit den Selbstmessungen auf etwa 70 Prozent abgefallen – bei webbasierter Unterstützung sogar stärker als ohne.
Nach einem Jahr kontrollierten dann nur noch etwas mehr als die Hälfte ihren Blutzucker täglich. Der HbA1c-Wert war jetzt in allen drei Gruppen wieder auf den Ursprungswert von 7,5 Prozent angestiegen. Die Lebensqualität (health-related quality of life) war ebenfalls gleich, und es gab keine nennenswerten Unterschiede bei den Komplikationen (Hypoglykämie), den Gesundheitskosten und dem Anteil der Patienten, die mit einer Insulintherapie begannen (und damit zur Blutglukose-Selbstmessung verpflichtet wurden).
Das Team um Katrina Donahue von der Universität von North Carolina in Chapel Hill betrachtet das Projekt damit als gescheitert. Ihrer Ansicht nach sollte Typ 2-Diabetikern, die kein Insulin injizieren, nicht grundsätzlich zur Blutglukose-Selbstmessung geraten werden. Die Studie macht leider keine Angaben zu den Patienten, die hoch-motiviert sind und ihre täglichen Messungen auch durchhalten.
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