Typischer Wirkstoff stimuliert Hautbräunung ohne UV-Strahlung
Boston – US-Forscher haben einen Wirkstoff entwickelt, der die Melanin-Produktion in der Haut steigert. Der sogenannte SIK-Inhibitor überwindet die epidermale Barriere. Eine topische Zubereitung hat in ersten Versuchen in Cell Reports (2017; doi: 10.1016/j.celrep.2017.05.042) Mäuse und auch menschliche Hautproben innerhalb kurzer Zeit gebräunt. Das Mittel könnte damit die gleiche Wirkung erzielen wie ein Sonnenbad oder der Besuch eines Solariums, ohne die Haut durch UV-Strahlen zu belasten.
Vor elf Jahren hatte der Dermatologe David Fisher vom Massachusetts General Hospital in Boston ein Mittel gefunden, dass rothaarigen Menschen im Prinzip zu einem braunen Teint verhelfen könnte. Ursache der roten Haare und der blassen Haut ist meist ein Defekt im Melanocortin-1 Rezeptor, über den das Hormon Alpha-MSH normalerweise nach einer UV-Bestrahlung die Bildung von Melaninen der Haut steigert.
Fisher konnte in einer Studie in Nature (2006; 443: 340-344) zeigen, dass Forskolin, ein Molekül aus dem Harfenstrauch Plectranthus barbatus, die Haut bräunt, weil es die Signalkette unterhalb des Melanocortin-1 Rezeptors stimuliert. Forskolin ist jedoch für die Anwendung beim Menschen nicht geeignet, weil es (anders als bei der Maus) die epidermale Barriere nicht überwindet (Menschen haben, weil ihnen ein Fell fehlt, eine wesentlich stärkere Hautbarriere als andere Spezies). Eine orale Gabe von Forskolin ist jedoch problematisch, weil es ein Enzym (Adenylylcyclase) stimuliert, das es nicht nur in der Haut, sondern praktisch überall im Körper gibt. Ein Mittel, das die Haut bräunt, sollte jedoch nach Möglichkeit frei von Nebenwirkungen sein.
Inzwischen haben die Forscher einen weiteren Angriffspunkt gefunden. Es handelt sich um das Enzym SIK („salt-inducible kinase“). SIK bremst in den Melanozyten die Regulation des Gens MITF („microphthalmia-associated transcription factor“), das ein wichtiger Schalter für die Melanin-Synthese ist. Die Blockade von SIK kann die Produktion von Melanin steigern, was in ersten Experimenten auch bei Mäusen mit einem Defekt im Melanocortin-1 Rezeptor die Hautbräunung stimuliert hat. Einem zweiten Team um Nathanael Gray von Dana-Farber Cancer Institute ist es schließlich gelungen, einen SIK-Inhibitor zu synthetisieren, der die epidermale Barriere der menschlichen Haut problemlos durchdringt.
Erste Experimente zeigen, dass der SIK-Inhibitor nach Auftragen auf die Haut zu einer reversiblen Bräunung führt, die in ihrer Mechanik der Bräunungsreaktion nach einer UV-Bestrahlung entspricht. Es kommt nicht nur zu einer gesteigerten Synthese von Melanin. Der Farbstoff wird auch in die Umgebung exportiert und von den Keratinozyten aufgenommen.
Bei den Mäusen könnten die Forscher durch Auftragen des SIK-Inhibitors eine komplette Schwarzfärbung der Haut erreichen. Bei den menschlichen Hautpräparaten wurde trotz des nicht mehr vorhandenen Stoffwechsels eine leichte Bräunung erzielt.
Ob der SIK-Inhibitor zu einem Verkaufsschlager wird, der Solarien überflüssig macht, lässt sich nicht vorhersagen. Zunächst dürften weitere tierexperimentelle Studien notwendig werden. Dabei muss geprüft werden, ob die vermehrte Stimulierung der Pigmentbildung sicher ist und nicht etwa die Bildung von Melanomen fördert. In späteren klinischen Tests wäre zu prüfen, ob das Mittel tatsächlich den gleichen UV-Schutz vermittelt wie eine dunkle Hautfarbe oder ob sie die Bevölkerung dazu verführt, sich länger und ohne Sonnenschutz dem Sonnenlicht auszusetzen und dadurch die Bildung von Hautkrebs und die Alterung der Haut zu fördern.
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