Überlebenschancen von extremen Frühgeburten steigen

Lund – Die Überlebenschancen von Kindern, die vor der 27. Gestationswoche geboren werden, sind in den letzten Jahren gestiegen, wie Zahlen aus Schweden im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2009; 301: 2225-2233) zeigen.
In Skandinavien haben alle Einwohner eine persönliche Identifikationsnummer. Dies erleichtert die Arbeit der Epidemiologen ungemein: Sie können relativ schnell und eindeutig ein und dieselbe Person in den unterschiedlichen Registern auffinden.
Die Studie von Karel Marsal von der Universität Lund und Mitarbeitern stützt sich nicht allein auf die Daten der Entbindungskliniken und der neonatalen Intensivstationen, wo extrem frühgeborene Kinder betreut werden. Die Forscher konnten auch im nationalen Sterberegister recherchieren, wie viele Kinder das erste Jahr überlebt haben.
Von den 305.318 Kindern, die zwischen 2004 und 2007 in Schweden geboren wurden, wurden 1.011 vor der 27. Gestationswoche entbunden. Das ergibt eine Inzidenz von 3,3/1000. 707 Kinder wurden lebend geboren. Den ersten Geburtstag erlebten 497 Kinder, also knapp 70 Prozent.
Wie zu erwarten, hing die Überlebensrate in erste Linie von der Dauer der Schwangerschaft ab: Sie betrug in der 26. Woche 85 Prozent, in der 25. Woche 82 Prozent. Aber auch in der 24. Woche (67 Prozent) und der 23. Woche (53 Prozent) überlebten noch mehr als die Hälfte. Von den in der 22. Woche geborenen Kindern lebten nur 9,8 Prozent nach einem Jahr. Zwei Kinder, die vor der 22. Woche geboren wurden, starben dagegen bereits eine beziehungsweise 10 Stunden nach der Geburt.
Bisher ging man davon aus, dass Kinder in der 22. Woche in der Regel kaum Überlebenschancen haben, in der 23. Woche werden in der Literatur Überlebensrate von 6 bis 23 Prozent und in der 24. Woche von 29 bis 55 Prozent angegeben, also signifikant weniger als in der aktuellen Serie.
Die Gründe für die verbesserte Prognose dürfte in Fortschritten der neonatologischen Betreuung zu suchen sein. In einer Beobachtungsstudie ohne Kontrollgruppe (ethisch nicht praktikabel) lässt sich das nicht mit letzter Sicherheit belegen. Es gab jedoch einige Faktoren, die eindeutig mit einer erhöhten Überlebensrate assoziiert waren.
Dies waren eine tokolytische Behandlung (Odds Ratio OR 0,60), eine antenatale Kortikoidbehandlung (OR 0,41) und eine Surfactant-Applikation (OR 0,48). Kaiserschnitt und eine Geburt an einer Schwerpunktklinik (Level III) waren zunächst ebenfalls mit einem niedrigeren 1-Jahresüberleben assoziiert.
Beim Kaiserschnitt war der Einfluss nach einer Adjustierung nach dem Gestationsalter bei der Geburt nicht mehr vorhanden. Die Vorteile der Schwerpunktklinik konnten in einem Multivariat-Modell auf die an Level-III-Kliniken häufiger durchgeführten perinatalen Interventionen zurückgeführt werden.
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