Übermäßiges Essen: TV-Werbung animiniert vor allem Kinder mit Adipositasrisiko

Dartmouth – Kinder, die im Fernsehen Werbung für Junkfood sehen, essen weiter, obwohl sie keinen Hunger mehr haben. Vor allem jene, die aufgrund des bekannten Mass and Obesity Associated Gens (FTO) ein Risiko für Adipositas hatten, griffen häufiger zu ungesunden Snacks. Zu diesem Ergebnis kommt eine randomisierte Studie des Dartmouth's Norris Cotton Cancer Center und des C. Everett Koop Instituts, die im International Journal of Obesity publiziert wurde (DOI:10.1038/ijo.2016.163).
Kinder, die Lebensmittelwerbung ansahen, aßen im Rahmen der Studie 41 % mehr Kalorien der zuvor beworbenen Süßigkeiten, als jene, die Spielzeugwerbung verfolgten. Der Unterschied betrug 48 kCals (95% CI: 10, 85; P=0.01). Ähnliche Resultate ziegen auch Studien aus England. Neu ist aber, dass Träger der FTO-Genvariante einen besonderen Drang zum Überessen nicht widerstehen. Bei ihnen war der Effekt drei mal größer.
In der Studie untersuchten die Forscher um Diane Gilbert-Diamond 172 Kinder im Alter von neun bis zehn Jahren. Zunächst bekamen alle ein ausgiebiges Mittagessen, so dass sie gesättigt waren. Direkt im Anschluss durften sie 34 Minuten lang eine Fernsehshow verfolgen, einige Snacks standen ebenfalls auf dem Tisch: Gummibärchen (546 kCals), Keckse (692 kCals), Schokolade (1000 kCals) und Käsekräcker (536 kCals). In der einen Gruppe wurde diese von Spielzeugwerbung unterbrochen, in der anderen bekamen die Kinder Lebensmittelwerbung präsentiert, darunter auch eine Werbung für Gummibärchen. Im Durchschnitt konsumierten die Kinder 453 kcal beim Mittagessen und snackten weitere 482 kcal beim Fernsehen.
„Kinder essen also, obwohl sie nicht hungrig sind, wenn im Fernsehen Essen beworben wird“, erklärt die Erstautorin Gilbert-Diamond. Viel mehr lassen sich Kinder mit einem genetischen Adipositas-Risiko von Essenanreizen verlocken. Wenn sich diese Ergebnisse durch weitere Studien bestätigen lassen, könnte eine Einschränkung von Lebensmittelwerbung zur Bekämpfung von Adipositas bei Kindern dienen, schlussfolgern die Autoren.
Auch deutsche medizinische Fachgesellschaften, die Deutsche Diabetes-Hilfe und foodwatch forderten Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sowie Bundesernährungsminister Christian Schmidt bereits 2015 dazu auf, an Kinder gerichtetes Marketing nur noch für Lebensmittel zu erlauben, die den WHO-Kriterien entsprechen. Freiwillige Maßnahmen der Lebensmittelindustrie reichten nicht aus, wie eine foodwatch-Studie verdeutlicht hat.
Ob Werbung für gesunde Lebensmittel einen ähnlichen Effekt hat, haben die Forscher nicht erhoben. Interessant wäre auch, ob bei Erwachsenen der Einfluss aufgrund ihrer Erfahrung abnimmt, so Gilbert-Diamond.
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