Ärzteschaft

Ultraschallpulse gegen Alzheimer: Fachleute sehen neue Methode kritisch

  • Freitag, 16. September 2022
/sewcream, stock.adobe.com
/sewcream, stock.adobe.com

Jena – Ob die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) tatsächlich eine bahnbrechende Therapiemethode zur Be­handlung von Alzheimer ist, kann nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysio­logie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.

Das teilte die Fachgesellschaft jetzt mit. Es erscheine absolut verfrüht, die TPS als neue effektive Therapie­form der Alzheimer-Erkrankung anzusehen, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der Fachge­sellschaft.

Laut DGKN ist die Alzheimerkrankheit trotz intensiver Forschung bislang unheilbar. Sie zählt wie Parkinson oder Multiple Sklerose zu den neurodegenerativen Erkrankungen und zeichnet sich durch einen fortschrei­tenden Verlust von Nervenzellen aus. Dies führt zu einer Beeinträchtigung bestimmter Hirnfunktionen wie zunehmendem Gedächtnisverlust, Sprach- oder Bewegungs­störungen.

Die neue Therapie, die von Forschern der Universitätsklinik für Neurologie in Wien entwickelt wurde, soll die Regeneration des Gehirns stimulieren. Der DGKN zufolge emittiert bei der TPS eine spezielle Ultraschallsonde sehr kurze (30 µs) Ultraschallpulse mit einer typischen Frequenz von 5 Hz. Die Kosten müssen die Patienten selbst tragen. Verschiedene Medien haben darüber berichtet.

Um die Wirksamkeit der neuen Methode beurteilen zu können, hat die DGKN die aktuelle Datenlage bewertet und unter der Federführung von Vorstandsmitglied Ulf Ziemann, Ärztlicher Direktor der Abteilung Neurologie und Co-Direktor am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen, eine Stellungnahme ausgearbeitet.

Ergebnis: „Sieht man sich die publizierten Studien im Detail an, so gibt es derzeit definitiv noch keine ausrei­chende Evidenz für die Wirksamkeit der neuen Methode“, erklärte Ziemann. Für einen Wirksamkeitsnachweis der neuen Therapie seien placebokontrollierte, randomisierte verblindete Studien mit höherer Patientenzahl und längerer Nachbeobachtungszeit erforderlich.

„Es ist daher aktuell nicht gerechtfertigt, TPS als neue effektive Therapieform der Alzheimer-Erkrankung oder anderer Erkrankungen des Gehirns anzusehen und zu bewerben“, sagte Ziemann.

hil/sb

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung