Politik

Union und SPD wollen Coronapandemie mit Enquetekommission aufarbeiten

  • Montag, 23. Juni 2025
/picture alliance, epd-bild, Christian Ditsch
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Berlin – Union und SPD wollen die Coronapandemie mithilfe einer Enquetekommission im Bundestag aufarbeiten. Das Gremium solle diese Woche eingerichtet werden, bestätigte ein Sprecher der SPD-Fraktion heute.

Die Kommission soll laut Einsetzungsantrag den Titel „Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse“ tragen, ihr sollen 14 Abgeordnete und 14 Sachverständige angehören.

Die 14 Abgeordnete aus den Fraktionen setzen sich dem Antrag zufolge, der auch dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, nach einem festen Personalschlüssel zusammen: Die CDU kann fünf Mitglieder schicken, die Fraktion der AfD drei, ebenso wie die SPD. Von den Grünen können zwei Abgeordnete entsandt werden, die Linke hat einen Sitz.

Die weiteren 14 Sachverständige sollen „im Einvernehmen der Fraktionen benannt“ werden. Dabei soll es „eine angemessene Beteiligung der Länder und Kommunen sowie eine ausgewogene Vertretung der relevanten wissenschaftlichen Disziplinen und gesellschaftlichen Bereiche“ geben.

Wie es aus Kreisen der Unionsfraktion hieß, soll die CDU-Abgeordneten Franziska Hoppermann den Vorsitz übernehmen. Die Abgeordnete aus Hamburg sitzt seit 2021 im Bundestag. Sie ist seit diesem Jahr CDU-Bundesschatzmeisterin.

Der Beschluss zur Einsetzung der Enquetekommission soll am Mittwochnachmittag im Bundestagsplenum gefasst werden, eine Debatte ist auf 35 Minuten angesetzt. Ein Bericht der Kommission soll bis zum 30. Juni 2027 vorliegen.

Aufarbeitung in acht Themenbereichen

Den Auftrag des Gremiums definiert der Antrag in gleich acht Bereichen zur Aufarbeitung der zurückliegenden Pandemie und in sechs Themenfelder für die Reaktion auf zukünftige Krisen.

Für den Blick zurück sollen die Früherkennung, Risikobewertung und Vorsorge von Pandemien beleuchtet werden. Ein zweites Themenfeld bilden das Krisenmanagement und die Entscheidungsstrukturen zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren auf Bundes-, Landes-, Kommunal- sowie EU-Ebene.

Auch sollen die Koordinierung zwischen Bund, Ländern und der Ministerpräsidentenkonferenz analysiert werden ebenso wie „Mechanismen zur Einbindung wissenschaftlicher Expertise" in den der politischen Entscheidungsprozesse.

Als drittes Themenfeld wird im Antrag die rechtlichen Rahmenbedingungen und die parlamentarische Kontrollfunktion betrachtet, vor allem die Rolle des Bundestags sowie die Einbindung der Opposition.

Das vierte große Themenfeld wird die Analyse der „gesundheitlichen Maßnahmen und deren Auswirkungen“ sein: Dabei sollen die unterschiedlichen Strategien zur Eindämmung der Virusausbreitung analysiert werden, mit besonderem Blick auf die gesellschaftlichen Auswirkungen auch bei Kindern und Jugendlichen.

Auch die „Leistungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit des Gesundheitssystems“ soll untersucht werden. In den Blick werden auch die Impfstoffentwicklung, die Beschaffung und Verteilung sowie die Informationskampagne genommen. Eine ähnliche Analyse soll es zur Beschaffung von medizinischen Schutzgütern, Tests, Masken sowie Beatmungsgeräten geben.

Als fünftes Themenfeld werden die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte definiert: Dabei sollen auch die langfristigen gesundheitlichen, psychischen und sozialen Folgen für Kinder und Jugendliche analysiert werden, ebenso die Probleme in den Familien, die Auswirkungen auf das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt.

Gehen soll es darüber hinaus um die wirtschaftlichen Hilfen an Unternehmen und Selbstständige, arbeitsrechtliche Schutzlücken sowie die Auswirkungen auf die Gastronomie, Tourismus, Kulturbranche, Veranstaltungswirtschaft sowie die Vereine und Ehrenamt.

Die Krisenresilienz und die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sind die Schwerpunkte sechs und sieben. Dabei geht es um die krisenfeste Finanzierung öffentlicher Aufgaben und sozialer Sicherungssysteme sowie die „Kommunikationsstrategien staatlicher und wissenschaftlicher Akteure. Themenfeld acht ist die Internationale Zusammenarbeit auf EU-Ebene sowie internationale Vergleiche.

Sechs Themen für die Empfehlungen und Strategien

Für die Zukunft soll das Gremium in den rund zwei Jahren auch Empfehlungen und Strategien für die Prävention und Krisenbekämpfung erarbeiten. Dabei geht es um die strategische Ausrichtung von Vorsorge, Prävention und internationaler Kooperation.

Diskutiert werden sollen anpassungsfähige nationalen Krisenpläne, Kapazitäten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Lieferketten und „Fragen der globalen Pandemieprävention". Ebenso die „Effektivierung des Krisenmanagements" sowie die notwendige „sachgerechte und leistungsfähige Datenerhebung, -speicherung und -auswertung.

Auch sollen Empfehlungen zur wissenschaftsorientierten Politikberatung und den Forschungskapazitäten geben sowie eine Optimierung der Krisenkommunikation.

Als Aufgabe soll das Gremium ebenso Empfehlungen zur „sektoralen und gesamtgesellschaftlichen Resilienz" erarbeiten. Darunter fallen laut Beschluss die Resilienz des Gesundheitssystems, der wirtschaftlichen Resilienz und die Sicherstellung von kritischen Infrastrukturen.

Arbeitsweise des Gremiums mit 28 Mitgliedern

Dieses große Arbeitspaket soll das Gremium in öffentlichen Anhörungen von Sachverständigen sowie in beauftragten Gutachten und Forschungsaufträgen abarbeiten. Auch einzelne zusätzliche Arbeitsgruppen können eingerichtet werden.

Grundsätzlich sollen die Sitzungen aber nicht-öffentlich stattfinden, heiß es weiter, Protokolle davon werden nur auf expliziten Beschluss des Gremiums veröffentlicht. Zwischenberichte zu einzelnen Arbeitspaketen können veröffentlicht werden, ein umfassender Abschlussbericht soll bis Mitte 2027 vorliegen.

Die Maskenbeschaffung in der Coronapandemie untersuchte auch die vom früheren Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzte Sonderbeauftragte Margaretha Sudhof (beide SPD).

Teile ihres unter Verschluss gehaltenen Berichts gelangten in den vergangenen Wochen an die Öffentlichkeit und machen Unionsfraktionchef Jens Spahn (CDU) erhebliche Vorwürfe. Spahn war während der Pandemie Bundesgesundheitsminister.

Übermorgen will der Fraktionschef im Haushaltsausschuss des Bundestags Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Das Gremium soll von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) nun den Sudhof-Bericht erhalten – allerdings mit teilweise geschwärzten Passagen.

bee/afp

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