Untersuchungsausschuss soll Bolsonaros Coronapolitik beurteilen

Brasília – In Brasilien soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Coronapolitik der Regierung von Präsident Jair Bolsonaro nach fast sechs Monaten Arbeit seine Ergebnisse vorstellen. Es sei nun an Senator Renan Calheiros, heute den Abschlussbericht zu präsentieren, hieß es in einer Mitteilung des Senats in Brasília gestern.
Der bereits vorab zirkulierende Entwurf sieht vor, rund 70 Personen und zwei Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen und Präsident Bolsonaro wegen des mutmaßlichen Begehens von elf – teils schwerwiegenden – Verbrechen anzuklagen. Die Senatoren diskutierten Medienberichten zufolge bis spät in die Nacht über den endgültigen Inhalt und beschlossen, zwei Verbrechen aus der Liste der Vorwürfe zu entfernen.
Der Untersuchungsausschuss hatte auf dem Höhepunkt einer außer Kontrolle geratenen Coronapandemie im April seine Arbeit aufgenommen. Die Anträge, die zu seiner Einsetzung führten, sahen vor, dass er die Handlungen und Unterlassungen der Regierung des Rechtspopulisten Bolsonaro in der Pandemie beleuchtet und die mögliche Veruntreuung von Bundesmitteln im Kampf gegen das Coronavirus überprüft.
Nach den USA und Indien verzeichnet Brasilien mit fast 22 Millionen Fällen die meisten Coronainfektionen. Zuletzt überschritt das größte Land in Lateinamerika die Marke von 600.000 Coronatoten. Das Gesundheitssystem war im März und April vielerorts zusammengebrochen.
Bolsonaro verharmlost das Coronavirus trotzdem seit Beginn der Pandemie und lehnt Schutzmaßnahmen sowie Einschränkungen ab. Auch den Sinn von Impfungen zieht er in Zweifel. Bolsonaro hat mehrmals betont, dass er selbst noch nicht gegen das Coronavirus geimpft sei. Ihm wird vorgeworfen, den Erwerb von Coronaimpfstoffen ausgeschlagen und verschleppt zu haben.
Dem Untersuchungsausschuss gehören elf Mitglieder an. In der kommenden Woche soll der Ausschuss voraussichtlich über den Abschlussbericht abstimmen. Eine Mehrheit ist notwendig, um den Bericht zu verabschieden. Dann kann er an Institutionen wie die Generalstaatsanwaltschaft geschickt werden. Beobachtern zufolge ist unklar, ob die Empfehlungen auch zu Anklagen führen würden.
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