Politik

UPD-Stiftung: Patientenbeauf­tragter drängt auf schnelle Beratung

  • Donnerstag, 23. November 2023
Stefan Schwartze /picture alliance, Geisler-Fotopress, Frederic Kern/Geisler-Fotopress
Stefan Schwartze /picture alliance, Geisler-Fotopress, Frederic Kern/Geisler-Fotopress

Berlin – Noch gibt es keine Stiftung Unabhängige Patientenberatung (UPD-Stiftung), da die Stiftungsaufsicht die Satzung noch nicht genehmigt hat. Hinter den Kulissen treffen sich aber bereits die Mitglieder des künfti­gen Stif­tungsrats. Dabei geht es unter anderem um die neuen Strukturen.

Die Patientenorganisationen haben nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes bei einer dieser Sitzung ein erstes Konzeptpapier vorgelegt. Das wurde auch in der vergangenen Öffentlichen Anhörung im Bundestag er­wähnt.

Das Konzeptpapier sieht vor, dass die Geschäftsstelle der Stiftung für alle zentralen Auf­gaben, als Steuerungs­instrument und zur Organisation der Kommunikation mit Stiftungsgremien und Bera­tungs­stellen dienen soll. Ein virtuelles Callcenter soll durch die Geschäftsstelle „koordiniert und durch dortige Mitarbeiter unterstützt werden“.

Die Beratungsstellen der Stiftung sollen von „regionalen Trägern im Auftrag der Stiftung betrieben und über Weiterlei­tungsverträge in die Arbeit der Stiftung eingebunden werden“. Wie diese „Weitergabeverträge“ ausse­hen, wie lange sie laufen sollen, wie viel Mittel es dafür von der Stiftung gibt, ist im Konzept nicht aufgelistet.

Das Konzept erinnert in Teilen an Strukturen einer UPD, die die Patientenorganisationen bis 2015 geführt hatten. Der damalige Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann, heuti­ger Gesundheits­minis­ter in Nordrhein-Westfalen, hatte das Modellprojekt UPD damals wegen mangelnder Effizienz und Be­kanntheit der Beratung in ein damals höchst umstrittenes Vergabeverfahren umgemünzt.

Dass am Ende ein privater Betreiber via Ausschreibungsverfahren die Geschäfte der UPD übernahm, führte zu Kritik auf allen Ebenen – auch bei den Patientenorganisationen, in denen heute noch teils dieselben Akteure sitzen.

Der künftige Vorsitzende des Stiftungsrats und Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), betonte auf Nachfrage zu Neuorganisation, die Patien­­tenorganisationen planten, „dass die Beratung in den Ländern organisatorisch von den Patien­­tenorganisationen“ getragen werde. Sie würden also als Träger in den Ländern fungieren – wie auch in dem Modell der Unabhängigen Patientenberatung von 2006 bis 2015.

Schwartze interpretiert das künftige Modell auf Anfrage so, dass um den Stiftungsvorstand herum eine zen­trale Einheit aufgebaut werden soll, die die Steuerung der Beratung bundesweit übernimmt. Das geht dem­nach von der zentralen Kommunikations- und Pressearbeit über das Qualitätsmanagement und die Qualitäts­sicherung bis hin zu den Kooperations- und Netzwerkarbeiten auf Bundesebene.

Die „Zentrale“ soll seinem Kenntnisstand nach auch Teile der unmittelbaren Beratung durchführen, zum Bei­spiel Kompetenzstellen für hochspezialisierte Angebote – zum Beispiel Arzneimittel oder Hilfsmittel – und ein Teil des Callcenters.

Die enge Anbindung der UPD-Beratung in den Bundesländern an bestehende Strukturen hätte aus Sicht des Patientenbeauftragten den Vorteil, dass sich dadurch Synergien heben ließen, die Beratung besser und schneller in bereits bestehende Netzwerke integriert werde und vor allem, dass die UPD ihre Lotsenfunktion am besten ausüben könne, hieß es.

„Die UPD muss nicht jede Beratung selbst tätigen, sondern sicherstellen, dass die Ratsuchenden an die für ihr Anliegen geeignetste Stelle gelangen“, hieß es vom Patientenbeauftrag­ten. Dazu seien insbesondere die örtli­chen Netzwerke entscheidend. Sie würden zugleich helfen, die UPD vor Ort bekannter zu machen. Zwingend sei aber „eine bundesweit einheitliche Qualität aller Beratungen nach einheitlichen Standards innerhalb der UPD“.

Schwartze betonte darüber hinaus, die Patien­­tenorganisationen sollten „nach unserem Kenntnisstand die Bera­tung nicht selbst ausführen. Sie sollen nur mit der Struktur ihrer Landesgeschäftsstellen Träger der Be­ratungs­stellen sein.“

Plädoyer für Beraterübernahme

In Bezug auf die Zeitplanung, wann die Stiftung ihre Arbeit aufnehmen und vor allem die Beratung wieder funk­tionieren soll, zeigte sich der Patientenbeauftragte zuversichtlicher als so mancher Vertreter der Patientenorga­nisa­tio­nen.

In der öffentlichen Anhörung im Bundestag war zuletzt von einer „Beratungslücke, die bis zu einem Jahr und länger dauern kann“ die Rede, wie Thomas Moormann von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sagte. Er hatte betont: „Wir können es uns nicht vorstell­­en, dass in den nächsten Wochen oder Monaten die Beratung in der neuen Stiftung losgehen kann.“

Schwartze spielte das auf Anfrage herunter. „Die Aussage von Herrn Moormann im Rahmen der öffentlichen An­hörung war insoweit missverständlich, als dass der Aufbau aller Strukturen der UPD Stiftung, also des komplet­ten Bera­tungsangebots natürlich Zeit in Anspruch nehmen wird. Der Beratungsbeginn wird aber weit aus früher sein“, sagte er.

Hintergrund ist, dass die derzeitige UPD gGmbH sich in Abwicklung befindet. Von Ende November an wird es weitgehend keine Beratung mehr geben. Zum 1. Januar sollte eigentlich die neue Stiftung übernehmen. Das wird aber nicht klappen. Wie große die Beratungslücke sein wird, da gehen die Ansichten auseinander.

Der Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe (CDU), Mitglied im künftigen Stiftungsrat, drängt auf eine schnelle Lösung, damit eine möglichst kleine Beratungslücke entsteht. Eine große Lücke sei Gift für den Bekanntheits­grad der UPD, warnte er.

Hüppe will im noch nicht offiziell bestehenden Stiftungsrat einen Antrag einreichen, um die bisherigen und gekündigten Berater der UPD gGmbH ins Boot zu holen. Diese könnten seiner Auffassung nach während des Stiftungsaufbaus eine Übergangsberatung sicherstellen. Sie sollten auch danach in die Stiftungsstrukturen übernommen werden, so Hüppe.

Auch Schwartze betonte, dass er die derzeitigen Mitarbeiter der UPD gGmbH für „hoch qualifiziert“ hält. Diese seien aus seiner Sicht und der der Patientenorganisationen geeignet, für die UPD Stiftung zu beraten. Es stelle sich nur die Frage an welchem Ort und in welcher Funktion des Beratungsprozesses.

Schwartze teilt dabei die Auffassung, dass es im Sinne der Patientenberatung das Beste wäre, einen möglichst großen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu übernehmen. Diese würden dann auch die laufenden Kün­digungsschutz­klagen zurücknehmen.

Zur Erinnerung: Derzeit gibt es mehr als 80 Kündigungsschutz­klagen vor dem Arbeitsgericht Berlin. Dabei geht es um die Frage, ob es sich bei der Abwicklung der UPD gGmbH zur UPD-Stiftung um einen Betriebs­übergang handelt. Sobald die Stiftung existiert, wird sie mit diesen Verfahren konfrontiert sein.

Wenn die Arbeitsgerichte am Ende entscheiden, dass es sich um eine Betriebsübergabe handelt, könnten Nachzahlungen von Gehältern und die verpflichtende Übernahme der Mitarbeiter drohen. Das Problem ist für die Stiftung auch, wer dann haftet. Das wird derzeit von allen Beteiligten im Stiftungsrat „rege diskutiert“. Wie das Deutsche Ärzteblatt erfuhr, ist die Haftungsfrage für den Stiftungsrat nicht gesetzlich geregelt.

may/bee

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