Urologen kritisieren IQWiG für Nutzenbewertung des PSA-Tests

Hamburg – Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) für dessen Nutzenbewertung des Prostatakarzinomscreenings mittels PSA-Test kritisiert.
„Die vom IQWiG präsentierten Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind nicht kongruent und werden von der Datenlage nicht unterstützt“, teilte die DGU jetzt mit. Zudem würden weitere alltäglich diagnostische Verfahren in der Interpretation vernachlässigt, die in Deutschland routinemäßig für eine optimierte Diagnosestellung zum Einsatz kämen.
Das IQWiG hatte Anfang des Jahres den Vorbericht seiner Nutzenbewertung des PSA-Tests veröffentlicht und darin geschlussfolgert, dass die Nachteile die Vorteile eines PSA-Screenings deutlich überwiegen. Hinsichtlich der Gesamtmortalität zeigt die Studienlage laut dem IQWiG-Vorbericht keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen „PSA-Screening“ versus „kein Screening“.
In Bezug auf das prostatakarzinomspezifische Überleben als auch auf die Diagnosen metastasierter Prostatakarzinome zeigte sich laut der DGU aber ein Vorteil für das PSA-Screening. „Genau dieses ist aber für den Patienten von großer Bedeutung. Ein Leben mit symptomatischen Metastasen und dauerhafter Systemtherapie auch mit Chemotherapien wird von den meisten Männern nicht angestrebt“, betonte die Fachgesellschaft.
Da bezüglich des Gesamtüberlebens kein Effekt in eine Richtung nachweisbar gewesen sei, sich jedoch Vorteile des PSA-Screenings hinsichtlich des prostatakarzinomspezifischen Überlebens und der Diagnose metastasierter Erkrankungen gezeigt hätten, spiegele die Schlussfolgerung des Vorberichts („das PSA-Screening schadet mehr als das es nützt“) die Datenlage nicht adäquat wieder, so die Einschätzung der Fachgesellschaft.
Dies könne auch das Risiko von Überdiagnosen nicht aufheben. Es betreffe in Deutschland bei einem PSA-Cut Off Wert von 4ng/ml nur einen Anteil von 0,7 bis 1,6 Prozent der Patienten. „Potentiell negative Folgen wie Ängste oder zusätzliche Untersuchungen werden in der Diskussion des IQWiG genannt, aber nicht mithilfe von Daten quantifiziert beziehungsweise objektiviert“, argumentiert die DGU.
So gebe es beispielsweise für den Endpunkt gesundheitsbezogene Lebensqualität überhaupt keine randomisierten zur Verfügung stehenden Daten. Dennoch werde die vermeintlich eingeschränkte Lebensqualität mehrfach als Argument gegen ein PSA-Screening angeführt, so die Fachgesellschaft.
Die DGU warnt, die IQWiG-Bewertung könne dazu führen, dass Männer Früherkennungsuntersuchungen eher vermeiden „und in der Konsequenz langjährige Belastungen durch Metastasen, lokale Symptome und Behandlungsfolgen durch Chemotherapien sowie die Mortalität zukünftig stark zunehmen“.
Die Fachgesellschaft kündigte an, im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens den Vorbericht ausführlich zu kommentieren. Ziel sei, im Abschlussbericht des IQWiG eine klare Darstellung des Nutzens einer individualisierten Prostatakarzinomfrüherkennung zu erreichen.
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