Medizin

US-Umfrage: Viele Chirurgen suizidgefährdet

  • Dienstag, 18. Januar 2011

Rochester – Suizidale Gedanken sind unter US-Chirurgen weiter verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung. Zu den Auslösern zählen einer Umfrage in den Archives of Surgery (2011; 146: 54-62) zufolge neben einem Burnout-Syndrom vor allem die Verunsicherung nach schweren Behandlungsfehlern. Nur wenige Chirurgen nehmen professionelle Hilfe in Anspruch.

Tait Shanafelt von der Mayo Clinic in Rochester und Mitarbeiter hatten 2008 die Mitglieder des American College of Surgeons angeschrieben. Nur ein Drittel schickte die Fragebögen zurück, was sicherlich die Repräsentativität der Ergebnisse infrage stellt. Dennoch sind sie aufschlussreich.

6,3 Prozent der Chirurgen gab an, im vorausgehenden Jahr schon einmal an einen Selbstmord gedacht zu haben. Besonders anfällig waren Kollegen im Alter von 45 bis 54 Jahren (7,6 Prozent) und im Alter von 55 bis 64 Jahren (6,9 Prozent).
 

Hier war die Suizidalität bis zu dreifach höher als in der Allgemeinbevölkerung, wo der Gedanke an einen Suizid ebenfalls nicht ungewöhnlich ist (5,0 Prozent und 2,3 Prozent in den beiden erwähnten Altersgruppen).

Während intakte Ehe und Familien eine gewisse Protektion bieten, gehörten Arbeitsstress, Depressionen und alle drei Domänen des Burnout-Syndroms (nach Maslach), nämlich emotionale Erschöpfung, Depersonalisierung und reduzierte Leistungsfähigkeit, zu den Risikofaktoren.

Am deutlichsten war allerdings der Einfluss subjektiv empfundener Behandlungsfehler (nicht etwa die Verurteilung): Chirurgen, die sich einen schweren Fehler zuschulden kommen ließen, gaben zu 16,2 Prozent Suizidgedanken an. Chirurgen, denen dies nicht passiert war (oder die dies nicht empfanden) gaben nur zu 5,4 Prozent Suizidgedanken an.

Nur ein Drittel der Chirurgen wandte sich an einen Psychiater oder Psychologen, die anderen lehnten dies ab. Von den 5,8 Prozent der Chirurgen, die Antidepressiva einnahmen, hatten sich viele die Rezepte selbst ausgefüllt oder sich die Medikamente von einem Freund verschreiben lassen.

Die Scheu, sich einem Psychiater zu offenbaren, hat nach Ansicht von Shanafelt einen handfesten Grund: 80 Prozent der Kontrollbehörden stellen bei der Facharztzulassung Fragen zur mentalen Verfassung der Antragsteller und bei 47 Prozent sind diese Fragen bei jeder Verlängerung üblich.

rme

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