USA: Ärzte protestieren gegen Zwangsmaßnahmen in Guantanamo

Chicago – Häftlinge unter Zwang zu ernähren verstößt gegen die ethischen Grundsätze von Ärzten. Darauf hat die American Medical Association (AMA) den US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hingewiesen. Das berichten Autoren um George Annas vom Department of Health Law, Bioethics, and Human Rights, Boston, der University School of Public Health und dem Department of Medicine der Boston University School of Medicine im New England Journal of Medicine (NEJM, doi: 10.1056/NEJMp1306065).
Anlass ist der Hungerstreik, mit welchem mehr als 100 Häftlinge in Guantanamo seit Februar gegen ihre Haftbedingungen und die Konfiszierung von persönlichen Gegenständen protestieren. Rund 45 der Männer werden derzeit zwangsernährt. Das US-Verteidigungsministerium habe 40 zusätzliche medizinische Mitarbeiter nach Guantanamo geschickt, um bei der Zwangsernährung zu helfen, heißt es in dem NEJM-Beitrag.
Zwangsernährung ist schwere Körperverletzung
Die Autoren sind der Meinung, dass Ärzte ihren politischen Einfluss nutzen sollten, um die Zwangsernährung zu stoppen, primär der Häftlinge wegen, aber auch im Sinne ihrer Berufskollegen: Mediziner sollten Militärärzte, welche unethische Befehle verweigern, aktiv unterstützen. Es sei für Ärzte an der Zeit, politisch aktiv zu werden, um sicherzustellen, dass zivile Ärzte und die des Militärs den gleichen medizinischen und ethischen Prinzipien folgen, so Annas und seine Kollegen.
Sie vertreten in dem Beitrag die Auffassung, dass Militärärzte anderen ethischen Standards anhingen, wie ihre zivilen Kollegen, und so zu „Waffen gegen die Häftlinge“ werden könnten – Zwangsernährung sei keine medizinische Praxis sondern schwere Körperverletzung.
Ein Hungerstreik sei dagegen ein friedlicher Weg, um gegen Haftbedingungen zu protestieren. Die Zuständigen in Guantanamo versuchten aber, den Hungerstreik als eine medizinische Angelegenheit darzustellen, indem sie den Protestierenden Suizidabsichten unterstellten. So versuchten sie, die Zwangsernährung zu rechtfertigen.
Die ethischen Standards für Ärzte im Falle eines Hungerstreiks hat die World Medical Association (WMA) in einer Erklärung veröffentlicht. Dort heißt es, selbst um zu helfen, sei Zwangsernährung ethisch nicht akzeptierbar. Ernährung unter Drohungen, Zwang, Gewalt oder im gefesselten Zustand sei eine unmenschliche und entwürdigende Behandlung. Ärzte müssten Hungerstreikenden stattdessen weiter medizinische Versorgung bereitstellen.
Diese könnte auch beinhalten, die Zurechnungsfähigkeit der Streikenden zu beurteilen und festzustellen, ob die Streikenden bereit sind, freiwillig genug Nahrung aufzunehmen, um den Protest ohne das Risiko von Unterernährung oder Tod weiterzuführen. Die WMA besteht aus Medizinischen Vereinigungen aus nahezu 100 Ländern.
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