Medizin

USA: Vier neue Antibiotika, die in Europa fehlen

  • Montag, 22. Dezember 2014

Rockville – Die US-Arzneibehörde FDA hat zum vierten Mal in diesem Jahr ein neues Antibiotikum zugelassen, das in Europa noch im Zulassungsverfahren steckt. US-Ärzte dürfen die Kombination aus dem Cephalosporin Ceftolozan und dem Betalaktamase-Inhibitor Tazobactam zur Behandlung von Erwachsenen mit komplizierten intra-abdominellen Infektionen (cIAI) und komplizierten Harnwegsinfektionen (HWI) einsetzen.

Die FDA, die nur der gesetzgeberischen Aktivität einer Regierung untersteht, kann offensichtlich flexibler auf neue Herausforderungen reagieren als die EMA, wo Reformen erst nach einem Konsens vieler Mitgliedsländer möglich sind. Berichte, nach denen in den USA mehr als 70 Prozent der bakteriellen Erreger von im Krankenhaus erworbenen Infektionen (HAI) resistent gegenüber mindestens einem Antibiotikum sind, und die Tatsache, dass 99.000 von zwei Millionen US-Amerikanern im Jahr eine HAI nicht überleben, hat im September 2012 zur Einrichtung der Task Force Generating Antibiotic Incentives Now (GAIN) geführt. Sie erlaubt es den Herstellern ihre Neuentwicklung als „Qualified Infectious Disease Product (QIDP) registrieren zu lassen. Die FDA verspricht eine beschleunigte Zulassung und einen um fünf Jahre verlängerten Patentschutz.

Dies verleiht offenbar vor allem kleineren Pharmafirmen Flügel. Im Mai war Durata Therapeutics, eine erst 2009 gegründete Firma aus Chicago, erfolgreich. Dalbavancin, ein von Pfizer abgelegtes Mittel, wurde nach den positiven Ergebnissen aus zwei Studien (als Dalvance) zur Behandlung von akuten bakteriellen Haut- und Weichteilinfektionen (ABSSSI) zugelassen.

Diese Infektionen werden häufig von MRSA-Keimen ausgelöst, gegen die es kaum noch wirksame Antibiotika gibt. Im Juni folgte für die gleiche Indikation Tedizolid (als Sivextro) von Cubist Pharmaceuticals aus Lexington in Massachusetts. Das Mittel konnte in zwei Studien die Therapiezeiten verkürzen. Im August folgte schließlich Oritavancin (als Orbactiv von der Medicines Company aus Parsippany/New Jersey). Es handelt sich ebenfalls um ein abgelegtes Mittel (dieses Mal von Eli Lilly), das eine ABSSSI bereits durch eine einmalige Infusion heilen kann.

Jetzt kam erneut Cubist Pharmaceuticals Zerbaxa zum Zug. Das Präparat kombiniert das neue Cephalosporin Ceftolozan und dem älteren Betalaktamase-Inhibitor Tazobactam. Die Wirksamkeit in den beiden Indikationen wurde durch zwei randomisierte Phase-3-Studien belegt.

An der Studie zur Behandlung komplizierter Harnwegsinfektionen (HWI) nahmen 1.068 Patienten teil. Hier erreichte Zerbaxa das Ziel einer statistischen Nicht-Unterlegenheit (Non-Inferiority mit einer Marge von 10 Prozent) gegenüber Levofloxacin, einem Standardmedikament bei HWI.

An einer Studie zur Behandlung von komplizierten intra-abdominellen Infektionen (cIAI) nahmen 979 Erwachsene teil. Sie wurden auf zwei Gruppen randomisiert. In einem Arm erhielten die Patienten eine Kombination von Zerbaxa mit Metronidazol. Im anderen Arm wurden sie mit Meropenem behandelt, das zur Behandlung der cIAI zugelassen ist. Auch hier wurde das Ziel einer Non-Inferiority erreicht, wobei EMA und FDA unterschiedliche Kriterien anlegten.

Die häufigsten Nebenwirkungen von Zerbaxa in den Studien waren Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen und Fieber. Die US-Fachinformation weist auf eine verminderte Wirksamkeit bei Patienten mit Nierenversagen hin. Da keine ernsten Sicherheits­probleme aufgetreten sind, hat die FDA jetzt der Zulassung zugestimmt.

Der Hersteller kann das Mittel dort im Prinzip ab sofort vermarkten. In Europa mahlen die Mühlen der Arzneimittelzulassung langsamer. Eine Entscheidung der EMA zu Zerbaxa steht noch aus. Da endgültige Zulassung liegt dann in Händen der Europäischen Kommission. Der Hersteller rechnet frühestens im zweiten Halbjahr 2015 mit einer Zulassung. Zu Dalbavancin hat die EMA am 18. Dezember ein positives Votum abgegeben. Der Hersteller will es 2015 als Xydalba in Europa einführen. Oritavancin und Tedizolid befinden sich noch im Zulassungsverfahren.

rme

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