USA: Zweifelhafter Boom der Katheterthrombolyse bei Venenthrombosen
Philadelphia – Der Anteil der Patienten mit tiefen Venenthrombosen, bei denen eine kathetergestützte Lyse versucht wird, ist in den USA in den letzten Jahren angestiegen. Eine Auswertung eines Patientenregisters in JAMA Internal Medicine (2014; doi: 10.1001/jamainternmed.2014.3415) kann jedoch keine Vorteile der kostspieligen Therapie erkennen, die zudem mit Blutungsrisiken verbunden ist.
Bereits in den 90er Jahren wurde versucht, tiefe Venenthrombosen mit Hilfe eines Katheters zu beseitigen, der ein Fibrinolytikum wie tPA direkt in die betroffene Vene geleitet hat. Die Versuche wurden wieder aufgegeben, da es selten gelang, das Blutgerinnsel aufzulösen. Das Blutungsrisiko war zudem hoch.
In den letzten Jahren wurde die Technik jedoch verfeinert. Zum Einsatz kommen Spezialkatheter, die von der Knievene aus in Richtung des Thrombus vorgeschoben und in das Blutgerinnsel gestochen werden. Der Katheter ist mit zahlreichen Öffnungen versehen, durch die das Lysemedikament direkt in den Thrombus diffundiert und diesen auflöst.
Die Therapie hat sich beispielsweise in der norwegischen „CaVenT“ Studie als effektiv erwiesen (Lancet 2012; 379: 31-38). Die Häufigkeit des postthrombotischen Syndroms konnte dort gegenüber einer alleinigen Heparinisierung von 55 auf 41 Prozent gesenkt werden (Number Needed to Treat 7). Die Durchführung der Therapie ist jedoch kompliziert und der Einsatz des Fibrinolytikums kann zu schweren Blutungen führen.
Derzeit werden deshalb weitere klinische Studien wie „Thrombus Removal With Adjunctive Catheter-Directed Thrombolysis“ (ATTRACT) durchgeführt, deren Ergebnisse aber erst in einigen Jahren vorliegen werden. Dennoch bieten bereits viele US-Kliniken die „Catheter-Directed Thrombolysis“ (CDT) an. Eine Auswertung des Nationwide Inpatient Sample, einem landesweiten Patientenregister, zeigt, dass der Anteil der CDT an allen Behandlungen der tiefen Venenthrombose von 2,3 Prozent in 2005 auf 5,9 Prozent in 2010 angestiegen ist.
Die Analyse, die Riyaz Bashir von der Temple University School of Medicine in Philadelphia vorstellt, zeigt weiter, dass die Therapie nicht unproblematisch ist. Die Zahl der Todesfälle in der Klinik war mit 1,2 Prozent gegenüber 0,9 Prozent zwar nur tendenziell erhöht. Es benötigten aber signifikant mehr Patienten Bluttransfusionen (11,1 versus 6,5 Prozent), es kam häufiger zu Lungenembolien (17,9 versus 11,4 Prozent) und zu Hirnblutungen (0,9 versus 0,3 Prozent).
Den Patienten mussten nach der Behandlung häufiger Vena-Cava-Filter implantiert werden (34,8 versus 15,6 Prozent). Hinzu kommt, dass die Patienten länger in der Klinik (7,2 versus 5,0 Tage) lagen und die Behandlungskosten sich fast verdreifachten (85.094 versus 28.164 US-Dollar).
Dies könnte darauf hinweisen, dass die CDT sich in der täglichen Praxis als problematischer erweist, als die Ergebnisse der bisherigen klinischen Studien erwarten lassen. Die letztlich retrospektive Registeranalyse kann allerdings nicht ausschließen, dass es durch eine selektive Auswahl von Patienten zu Verzerrungen bei den Ergebnissen gekommen ist. Es könnte jedoch auch sein, dass die Ärzte den Nutzen der Therapie über-, und die Risiken unterschätzen. Bashir rät deshalb, die Therapie auf Patienten mit einem niedrigen Blutungsrisiko zu beschränken, bei denen gleichzeitig die Gefahr eines Postthrombotischen Syndroms hoch ist.
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