Hochschulen

Vergiftete Babys: Uniklinik Ulm zieht Konsequenzen

  • Donnerstag, 6. Februar 2020

Ulm – Im Fall der mit Morphium vergifteten Frühchen am Universitätsklinikum Ulm zieht die dortige Leitung Konsequenzen. Zum Schutz von Patienten in der Kinderklinik gibt es künftig unter anderem routine­mäßi­ge Analysen von Urinproben bei Patienten mit ungewöhnlichem Verlauf und verschärfte Kontrolle des Zugangs zu Betäubungsmitteln über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, wie eine Kliniksprecherin heute mitteilte.

Zudem werden demnach alle Milchfläschchen und -spritzen verplombt, der Zugang zu den Milchküchen beschränkt und die Streifen des Sicherheitsdienstes intensiviert.

In der Universitätsklinik waren in der Nacht auf den 20. Dezember 2019 fünf Säuglinge in lebensbedrohlichem Zustand auf die Intensivstation gekommen. Urinproben ergaben spä­ter eine Morphinvergiftung bei allen fünf. Nachdem eine zunächst dringend tatverdäch­tige Krankenschwester wieder aus der Unter­suchungshaft entlassen wurde, wird wieder gegen alle sechs Mitarbeiter jener Nacht­schicht ermittelt.

Das Landeskriminalamt (LKA) hatte vorgestern mitgeteilt, dass das Morphium, das ver­meint­lich in einer Spritze mit Muttermilch im Spind der Krankenschwester gefunden wur­de, aus einem Lösungsmittel des Kriminaltechnischen Instituts des LKA stammte. Das LKA hatte das falsche Zwischenergebnis der Polizei übereilt weitergeleitet, was zur Ver­haf­tung der Krankenschwester führte.

Das Universitätsklinikum gab außerdem an, dass die Ergebnisse der Urinuntersuchung der Babys im internen Klinikinformationssystem am 15. Januar abgerufen wurden – also fast vier Wochen nach der Vergiftung der Kinder. Die Antwort der Rechtsmedizin lag dort schon seit dem 8. Januar 2020 vor.

„Wir bedauern mit Blick auf die erst im Nachhinein erkennbare möglicherweise straf­recht­liche Relevanz der Ergebnisse der von uns beauftragten, zusätzlichen Laborunter­suchungen die einwöchige Verzögerung der Kenntnisnahme“, hieß es in einer Stellung­nah­me der Klinik. Dies sei für die erfolgreiche Behandlung der Kinder aber ohne Bedeu­tung gewesen.

Die Staatsanwaltschaft geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Alle sechs Klinik-Mitarbei­ter­innen, die am 20. Dezember Nachtschicht hatten, wurden von der Universitätsklinik vorläufig freigestellt. Sie bestreiten die Tatvorwürfe. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Anfangsverdacht wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.

dpa

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