Visite aufgezeichnet
Mobiltelefone und gerade auch die technologisch hochentwickelten Versionen, das „Smartphone”, sind weit verbreitet. Sehr viele besitzen mittlerweile diese multifunktionale Telefone und setzen sie für vielfältige Dinge ein: Als Mobiltelefon, Fernsehgerät, Fotoapparat, Videokamera, Kleinstlaptop, Spielekonsole, elektronisches Notizbuch, Lesegerät, Mikrofon mit Aufzeichnungsfunktion, Internetkonsole und vieles mehr. Ich selber besitze natürlich auch seit mehr als fünf Jahren ein „Smartphone” und habe es fast rund um die Uhr bei mir und werde sehr oft, häufig auch nach Dienstschluss, vom Krankenhaus hierüber angepiepst und –gerufen.
Wer in ein Restaurant geht, sieht bei vielen Gästen diese Geräte wie selbstverständlich auf den Tischen liegen, sieht wie Paare sich ihre Liebesgrüβe, aber auch ihre “ich-mache-Schluss”-Formeln hierüber zusenden, beobachtet Kinder beim Spielen hiermit und mittlerweile schlafen viele Besitzer damit auch im oder zumindest neben sich im Bett liegend ein, stets das Telefon griffbereit. Wenig überraschend haben auch viele Patienten und Patientenangehörige es bei der ärztlichen Vistie griffbereit.
Seit einiger Zeit beobachte ich gehäuft wie vor allem Patientenangehörige meine Visite und Patienteninteraktion entweder als Audiodatei aufzeichnen, Bilder machen oder die Visite im Videoformat festhalten. Meistens fragen sie mich noch nicht einmal und plötzlich nehme ich wahr, dass das iPhone-Mikrofon an ist (erkennt man am Bildschirm) oder die Kamera auf mich gerichtet ist und meinen Bewegungen folgt. Ganz ehrlich: Das stört mich ungemein. Auch wenn der Grund ein hehrer sein mag – mir wird gesagt, dass meine Interaktionen für die nicht anwesenden Familienmitglieder des Patienten festgehalten wird – so empfinde ich das als Eingriff in die Privatsphäre des Patienten aber auch die meiner eigenen Person.
Doch wie soll man damit umgehen? Wie verhindern, dass heimlich die Interaktion aufgezeichnet wird? Wie reagieren, wenn man gefragt wird ob die Visite festgehalten werden darf? Im Kollegenkreis herrscht keine Klarheit, wenngleich die Mehrheit mir beipflichtet und das Aufnehmen der Visite als störend wahrnimmt und verbietet. Aber andere, die sich als progressiv und modern geben, sehen dieses Verhalten als normal und legitim an und verstehen meine Irritation nicht. Mir graut es schon davor, wenn die ersten Google-Brillen im Krankenhaus auftauchen, leider nur eine Frage der Zeit.
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