Medizin

Vollnarkose bei Säuglingen könnte die Hirnstruktur verändern

  • Donnerstag, 31. August 2017
/Firma V, stock.adobe.com
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Iowa – Eine Allgemeinanästhesie während des ersten Lebensjahrs könnte sich auf das Volumen und die Integrität der weißen Substanz im Gehirn auswirken. Dies schließen Forscher der University of Iowa aus einer kleinen Fall-Kontroll-Studie, die sie unter Leitautor Robert Block in der Fachzeitschrift Anesthesiology veröffentlicht haben (2017; doi: 10.1097/ALN.0000000000001808).

Aus Tierversuchen ist bekannt, dass einige Anästhetika ein neurotoxisches Potenzial bei Jungtieren besitzen. Ob dies auch auf den Menschen zutrifft, ist Gegenstand der Forschung. Bisher ist die Studienlage äußerst kontrovers. Eine klare Evidenz für eine Schädigung des Gehirns kann aus der gegenwärtigen Datenlage nicht abgeleitet werden.

Kontrollierte randomisierte Studien verbieten sich

Erschwerend kommt hinzu, dass die Operation selbst, Vorerkrankungen des Kindes sowie Störungen der perioperativen Homöostase als mögliche Einflussfaktoren die Daten verzerren können. Aus ethischer Sicht verbieten sich kontrollierte randomisierte Studien. Forscher untersuchen einen möglichen Zusammenhang daher in der Regel durch retrospektive Studien, welche jedoch die genannten Limitationen haben.

Die Forscher untersuchten 34 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren, von denen die Hälfte während des ersten Lebensjahrs unter einer Allgemeinanästhesie operiert wurde. Das Operationsspektrum umfasste Zirkumzisionen, Hernienoperatio­nen, Orchidopexien, Pyloromyotomien und Tympanotomien. Bei allen Probanden wurden MRT-Aufnahmen des Gehirns angefertigt. Es wurden passende Fall-Kontroll-Paare zwischen den Kindern gebildet.

In der Auswertung der Aufnahmen zeigte sich, dass die operierten Kinder im Vergleich eine statistisch signifikante Reduktion (p = 0,016) der gesamten weißen Substanz um 1,5 Prozent zeigten. Der Verlust der weißen Substanz war jedoch bei detaillierter Betrachtung nur in einigen wenigen Hirnarealen weiterhin signifikant. Zusätzlich zeigte sich eine minimale Reduktion der Integrität in der weißen Substanz.

Bei der Interpretation der Ergebnisse geben die Forscher zu bedenken, dass andere Einflussfaktoren wie die Operation selbst eine Rolle spielen können. Ob die minimale Reduktion der weißen Substanz überhaupt eine funktionelle Relevanz hat, kann die Studie nicht beantworten.

hil

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