Weiter Kritik an Nonnemacher wegen Aussagen zur Selbstverwaltung

Potsdam – Um die Verteilung der ambulanten Ärzte im Land gibt es weiter Streit zwischen Vertragsärzten und Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). Die Ärzte sehen einen Angriff auf die Selbstverwaltung.
Anlass ist vor allem die Aussage der Ministerin, die Selbstverwaltung sei für die Demokratie ein Problem. Sie forderte zudem mehr Mitspracherecht der Bundesländer in der Frage, wo sich Vertragsärzte künftig niederlassen.
In einem Interview mit der Ärztezeitung hatte Nonnemacher wörtlich erklärt: „Im ‚Versorgungsgesetz eins‘ von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist vorgesehen, dass die Länder mindestens ein Vetorecht bekommen sollen. Noch besser wäre es, wenn wir hier auch initiativ tätig werden könnten.“
Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sei, so Nonnemacher, extrem komplex, werde von niemandem mehr verstanden und sei auch für die Demokratie ein Problem. Sie als zuständiges Mitglied der Landesregierung habe keinen Einfluss auf die Ärztezuteilung in der ambulanten Versorgung.
Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg KVBB warf der Ministerin daraufhin vor, sie habe nicht verstanden, was Selbstverwaltung bedeute. Gerade mit Blick auf Sonderbedarfe habe der Zulassungsausschuss in den vergangenen Jahren immer wieder zusätzliche Stellen geschaffen, hieß es in einer Mitteilung.
Der Ausschuss setzt die Bedarfsplanung für die ambulante Medizin um und ist paritätisch mit niedergelassenen Ärzten und Vertretern der Krankenkassen besetzt. Patientenvertreter und Vertreter des zuständigen Ministeriums nehmen an Sitzungen teil.
Auch die KV Berlin kritisierte Brandenburgs Gesundheitsministerin. Die Aussage offenbare auch, dass „Frau Nonnemacher in der Verstaatlichung des Gesundheitswesens die Lösung aller Probleme sieht“, hieß es. Dabei sei es gerade die staatlich organisierte Vernachlässigung der ambulanten Versorgung, die zu den aktuellen Schwierigkeiten der Praxen geführt habe.
Der Kritik schloss sich der Hartmannbund Brandenburg an. Die Selbstverwaltung stelle im Gegensatz zu staatlich geleiteten Gesundheitssystemen wie beispielsweise in Großbritannien die Versorgung der Patienten sicher und mache dies nachweislich seit Jahrzehnten besser als jede zentralistische Organisationsform, erklärte der Vorsitzende Hanjo Pohle laut Mitteilung. „Wir fordern daher den Brandenburgischen Ministerpräsidenten auf, sich von dieser Äußerung seiner Ministerin zu distanzieren.“
„Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen ist kein Problem für die Demokratie, sondern im Gegenteil ein starker Beleg für deren gelebte Anwendung“, erklärte der Präsident der Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB), Frank Ullrich Schulz.
Wenn es Probleme damit gebe, liege dies nicht an den – im Übrigen gemeinsam von Ärzten und Krankenkassen – getroffenen Entscheidungen, sondern daran, dass es in Deutschland und insbesondere auch in Flächenländern wie Brandenburg einen eklatanten Ärztemangel gebe.
Hiergegen könne und hiergegen müsse die Politik zielführende Maßnahmen wie zum Beispiel die Schaffung von mehr Studienplätzen ergreifen, so Schulz. „Die gemeinsame Gestaltung unseres Gesundheitssystems ist ebenso komplex wie sensibel. Auch in Ferien- und Vorwahlzeiten sind daher womöglich nicht gänzlich durchdachte Schnellschüsse überflüssig“, erklärte Schulz.
In Brandenburg liegt nach Ministeriumsangaben die Zahl der Einwohner je Vertragsarzt bei 726 und damit um 5,8 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 686 Einwohnern. Allerdings sind bereits jetzt auffallend viele Ärzte im Rentenalter berufstätig.
Bei den Hausärzten waren es Ende 2022 Angaben des Gesundheitsressorts zufolge gut 14 Prozent, bei Augenärzten, Urologen und Gynäkologen 11 Prozent und bei Neurologen sogar knapp 25 Prozent. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Brandenburg liegt das Durchschnittsalter der meisten Fachrichtungen niedergelassener Ärzte deutlich über 50 Jahren.
Die Vertragsärzte in Brandenburg fordern in ihrer Mitteilung von der Politik bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Die Niederlassung für eine ambulante Versorgung hänge neben der Attraktivität wie etwa durch Kita- und Schulangebot oder Arbeitsplätze für die jeweiligen Partnerinnen und Partner auch von der Vergütung ab, hieß es. In Brandenburg gibt es laut KVBB 500 freie Stellen.
Ihre Kritik richtet sich auch an das Bundesministerium. Die Krankenhausreform und die damit einhergehende ambulant-stationäre Verzahnung sei bislang nur aus der Sicht des stationären Sektors gedacht. Die ambulante Versorgung komme nicht vor.
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