Ärzteschaft

Weitere Schritte für die neue Muster-Weiterbildungsordnung beschlossen

  • Mittwoch, 28. Mai 2025
Johannes Albert Gehle (li.), Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, und Henrik Herrmann, Präsident der LÄK Schleswig-Holstein. /Gebhardt
Johannes Albert Gehle (li.), Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, und Henrik Herrmann, Präsident der LÄK Schleswig-Holstein. /Gebhardt

Leipzig – Die ärztliche Weiterbildung wird reformiert. Die Delegierten des 129. Deutsche Ärztetags in Leipzig beschlossen heute Anpassungen der sogenannten Kopfteile von Zusatzweiterbildungen (ZWB) in Abschnitt C sowie Änderungen des Paragrafenteils (Abschnitt A) der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO).

In einem zweiten Schritt soll Abschnitt B überarbeitet werden. Dies betrifft die Gebiete, Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen. Eine Beschlussfassung darüber ist auf dem nächsten Deutschen Ärztetag 2026 geplant.

Auch die jetzt beschlossenen Änderungen hatten einen Vorlauf: Entsprechend eines Beschlusses des vorangegangenen Deutschen Ärztetages 2024 sollen die Bildungssystematik geschärft, die Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) verschlankt sowie Weiterbildungsqualifikationen an künftige An- und Herausforderungen besser angepasst werden, betonten Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, und Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, als Vorsitzendende der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der Bundesärztekammer (BÄK).

Die Delegierten hatten beim vergangenen Deutschen Ärztetag in Mainz beschlossen, dass es künftig eine bessere Übersichtlichkeit über die 56 bestehenden medizinischen Zusatzweiterbildungen (ZWB) geben soll und der Bundesärztekammer zunächst den Arbeitsauftrag erteilt, alle Zusatzweiterbildungen in drei Kategorien einsortieren.

Den konkreten Entwurf für den neu strukturierten Abschnitt C der MWBO von 2018 legte die BÄK jetzt vor. Ihm zufolge ist für interdisziplinäre ZWB (ehemals C1) eine (Mindest-)Weiterbildungszeit bei einem Weiterbildungsbefugten mit Dokumentation im eLogbuch erforderlich. Bei interdisziplinären berufsbegleitenden ZWB (ehemals C2) wird im Unterschied dazu lediglich keine verbindliche (Mindest-)Weiterbildungszeit vorgegeben.  

Interdisziplinäre kursbasierte ZWB (ehemals C3) dagegen bestehen künftig ausschließlich aus einem Weiterbildungskurs (eventuell mit integrierten Fallseminaren). Vorgegebene Weiterbildungszeiten, einen Weiterbildungsbefugten oder eine Dokumentation im eLogbuch gibt es hier nicht. Diese neuen Vorgaben werden auf Beschluss des diesjährigen Ärztetages im Paragrafenteil der MWBO angepasst. Somit wird künftig nur noch eine Prüfung durch die Landesärztekammern wie bei allen anderen ZWB auch durchzuführen sein.

Die Einordnung beziehungsweise Abbildung einer ZWB bedeute keine Wertung, betonte Herrmann. Ziel sei, dass Weiterzubildende und Weiterbildungsbefugte auf einen Blick sehen könnten, was sich hinter einer Zusatzweiterbildung verberge. Auch für die Verwaltung der Landesärztekammern solle diese Einordnung Erleichterung bringen.

Zudem sollen künftig ZWB als Schwerpunktqualifikationen abgebildet werden, wenn sie sich lediglich an eine Facharztqualifikation oder ein Gebiet richten und dadurch eine fachbezogene Spezialisierung darstellen, sagte Gehle. Dies erfolge bei neun ZWB.

Der weiterentwickelte Abschnitt C und die entsprechenden Bezeichnungen wurden bereits mit den Landesärztekammern abgestimmt. Auch mit den Vertreterinnen und Vertretern der jeweiligen Fachgesellschaften, Berufsverbände und der jungen Ärztinnen und Ärzte hätte es Gespräche gegeben.

Quo vadis Sexualmedizin, Medizininformatik und Palliativmedizin?

In der Debatte wurden vor allem über drei Zusatzweiterbildungen diskutiert. So verlangte ein Antrag, dass die Sexualmedizin eine interdisziplinäre berufsbegleitende ZWB (ehemals C2) werde. Die Befürworter argumentierten, dass sich drei Fachgesellschaften dafür aussprechen, hier eine ähnliche Zusatzweiterbildung wie die der Psychotherapie aufzubauen.

Allerdings, so Hermann und Gehle, gebe es in Deutschland nur 18 Weiterbildungsbefugte in sieben Landesärztekammern. Große Kammern wie Hessen und Bayern hätten gar keinen Weiterbildungsbefugten, fünf gäbe es in Niedersachsen, fünf in Baden-Württemberg. Der Antrag wurde letztendlich von den Delegierten abgelehnt. Die Sexualmedizin wird eine interdisziplinäre kursbasierte ZWB (ehemals C3) sein.

Intensive Diskussionen auch im Vorfeld des 129. Deutschen Ärztetages gab es zur Beibehaltung der Zusatzweiterbildung Medizininformatik. In der Debatte sprachen sich – auch mit Blick auf die KI-Diskussion am Vormittag – zahlreiche Rednerinnen und Redner für die Beibehaltung der Bezeichnung aus.

Die Befürworter der Beibehaltung der Medizininformatik schrieben in ihrem Antrag: „Die Ärzteschaft muss eine führende Rolle in der Gestaltung der digitalen Zukunft des Gesundheitswesens übernehmen, anstatt sich aus dem Bereich zurückzuziehen.“

Allerdings führten Gehle und Herrmann aus, dass es 2022 bundesweit nur vier Facharztanerkennungen gab, 2023 waren es 13, 2024 acht. Fortbildungen zum Thema KI und Digitalisierung in der Medizin in einzelnen Fachgebieten seien weitaus besser besucht.

Auch andere Mitglieder des BÄK-Vorstandes sprachen sich gegen die Beibehaltung aus: So plädierte Sven Christian Dreyer, Präsident in Nordrhein, dass die Fortbildung gestärkt werden solle, nicht aber die Zusatzweiterbildung. In Nordrhein gab es im vergangenen Jahr nur zwei Facharztanerkennungen. „Diese Zusatzweiterbildung hat in den letzten Jahren nicht funktioniert.“

Letztendlich stimmten 121 Delegierten mit ja und die Medizininformatik bleibt als interdisziplinäre berufsbegleitende ZWB (ehemals C2) erhalten.

Anders die Debattenlage in der Palliativmedizin: Hier forderten mehrere Delegierte von verschiedenen Kammern, die geplante Aufspaltung der aktuellen Zusatzweiterbildung aufzuhalten. Der neuen Systematik zufolge wird es eine neue ZWB „Klinische Palliativmedizin“ geben.

Diese erfordert zwölf Monate klinische Weiterbildung an einer Weiterbildungsstätte (auch ambulant möglich) unter Befugnis. Die bisherige ZWB „Palliativmedizin“ soll es weiterhin geben. Dabei soll es sich jedoch um eine Kursweiterbildung handeln.

Der sächsische Ärztekammerpräsident Erik Bodendieck und Vize-Präsident Uwe Köhler forderten zuvor eine Neubewertung und die Vertagung der Debatte über die Aufspaltung auf den kommenden Ärztetag in Hannover. Sie befürchteten zahlreiche inhaltliche, organisatorische und rechtliche Nachteile und verwiesen auf die S3-Leitlinie Palliativmedizin, die explizit eine sektorenübergreifende Versorgung als Standard empfehle. Der Antrag wurde von den Delegierten allerdings abgelehnt, die Aufspaltung der Zusatzweiterbildung kommt.

Trotz einer intensiven Diskussion gab es letztlich klare Voten. „Das ist gut, dass wir eine Entscheidung getroffen haben“, sagte Herrmann. Bei den neuen Bezeichnungen hätten die Landesärztekammern Übergangsregelungen, ergänzte Gehle. Auch die Sorge, dass es bei der neuen ZWB „Klinische Palliativmedizin“ der Fokus nicht auf einer sektorübergreifenden Versorgung liege, sei nicht berechtigt.

ER/bee

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