Weltfrauentag: Zielmarke 40 Prozent
Köln –„Es ist Zeit etwas zu verändern! Wir fordern, dass mindestens 40 Prozent der Führungspositionen in der Medizin bis 2018 mit Frauen besetzt werden und zwar auf allen Hierarchiestufen.“ So fasst die Initiative „Pro Quote Medizin“ ihre Forderung auf der gleichnamigen Website zusammen. Was sich dafür im Gesundheitswesen ändern muss, erläutert eine der Initiatorinnen Prof. Dr. med. Gabriele Kaczmarczyk, Berlin, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.

5 Fragen an Gabriele Kaczmarczyk, Charité Berlin
DÄ: Die Medizin werde weiblich, heißt es oft. Gilt das nicht auch für die Führungsebenen?
Kaczmarczyk: Leider nein. Nur rund sechs Prozent der Lehrstühle an den medizinischen Fakultäten sind mit Frauen besetzt, und das seit Jahren. Zwar wird mancherorts berichtet, Frauen besetzten an den Universitätskliniken ein Fünftel der Führungspositionen, aber diese Zahl kommt nur zustande, wenn man die W2- und die Juniorprofessorinnen einrechnet. Ein besonderer Skandal ist übrigens, dass es bei 36 Medizinfakultäten nur zwei Ordinaria für Frauenheilkunde gibt. Dass die Medizin weiblich wird, gilt im Augenblick nur für Medizinstudierende und für die Weiterbildung – 62 Prozent der Studierenden sind Frauen.
DÄ: Wie kommen Sie auf die Forderung von 40 Prozent? Warum nicht 30 oder 50?
Kaczmarczyk: Ich habe in Seminaren, Schulungen und Coachings viel mit jungen Ärztinnen zu tun. 40 Prozent erschien uns das Potenzial zu sein, dass Ärztinnen im Augenblick für Führungspositionen einbringen können. Dafür muss sich aber manches im Medizinsystem ändern.
DÄ: Wo sind Reformen nötig?
Kaczmarczyk: Ich nenne nur einige Beispiele. Da sind zunächst die Arbeitszeitmodelle. Wir brauchen nicht nur das Job- sondern ein „Top-Sharing“. Das ist ganz wichtig. Führungspositionen kämen für Frauen viel eher infrage, wenn sie sich mit einer Familie und Privatleben besser vereinbaren ließen. Nicht in jedem Bereich ist es natürlich möglich, nur halbtags zu arbeiten. Aber im wöchentlichen oder monatlichen Wechsel, das wäre durchaus häufig denkbar. Hier braucht es mehr Mut und Kreativität.
Ein weiteres Problem ist die mangelnde Wertschätzung guter klinischer Arbeit. Für die Karriere zählen oft nur die gesammelten Impact Factors. Das liefert ein Zerrbild und benachteiligt in der augenblicklichen Situation offenbar Frauen eher als Männer.
DÄ: Was sagen Sie jungen Ärztinnen?
Kaczmarczyk: Kämpft! Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Die Zeit ist reif für Veränderungen. Erfolge werden in Zukunft eher möglich sein als bisher.
DÄ: Und was erwarten Sie von Ärztinnen, die schon jetzt Führungspositionen erreicht haben?
Kaczmarczyk: Mehr! Ich erwarte mehr Engagement bei der Frauenförderung von ihnen, als viele im Augenblick leisten. „Ich hatte es schwer und ihr sollt es auch schwer haben“ – das ist der ganz falsche Ansatz. Die vielen Unterstützerinnen auf unserer Website Pro Quote Medizin machen mir aber Mut: Es gibt einen Aufbruch!
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