Politik

Widerstand aus Bundesländern gegen Ausreisesperren

  • Mittwoch, 15. Juli 2020
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wartet neben Helge Braun (CDU), Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben. /picture alliance, Michael Kappeler
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wartet neben Helge Braun (CDU), Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben. /picture alliance, Michael Kappeler

Berlin – Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befürworteten Ausreisesperren für Regionen mit akutem SARS-CoV-2-Ausbruch stoßen auf Widerstand in den Ländern. Sach­sen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) meldete heute „dringenden Ge­sprächs­bedarf“ an.

Er warnte, Grundrechte könne man nicht beliebig einschränken. Die Landesregierungen von Sachsen und Berlin äußerten Zweifel an der Umsetzbarkeit. Bund und Länder wollen ihre Gespräche darüber morgen fortsetzen, wie es aus Regierungskreisen hieß.

In der Debatte geht es um die Frage des Umgangs mit örtlich begrenzten Ausbrüchen – einen solchen Ausbruch hatte kürzlich etwa der Landkreis Gütersloh zu verzeichnen. Kan­zlerin Merkel sprach sich gestern dafür aus, Einwohner von betroffenen Gegenden vorü­ber­gehend mit Ausreisesperren zu belegen, damit sie das Virus nicht im Rest des Landes verbreiten.

Eine solche Maßnahme erfordert aber die Zustimmung der Bundesländer. Am vergan­ge­nen Montag hatten Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und die Chefs der Staats­kanz­leien der 16 Bundesländer über eine entsprechende Vorlage aus dem Kanzleramt beraten. Die Positionen lagen heute aber noch weit auseinander. Morgen wollen sich Braun und die Staatskanzleichefs abermals für Beratungen zusammenschalten, verlautete aus Verhand­lungs­kreisen. Als offen galt, ob dann schon eine Einigung zu erwarten ist.

Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff verwies im ZDF darauf, dass der Staat im Kampf gegen die Pandemie nicht beliebig strikte Maßnahmen ergreifen könne. Er kriti­sierte es zudem als „nicht praktikabel“, Landkreise abzuriegeln, um Ausreisesperren durch­zusetzen. Haseloff befürwortet eine Mischung aus Quarantänemaßnahmen und einem Beherbergungsverbot für Menschen, die aus Hotspots in andere Regionen reisen wollen - dies entspricht der derzeit geübten Praxis.

Haseloff zeigte sich zuversichtlich, dass sich Bund und Länder in den anstehenden Bera­tungen auf eine gemeinsame Linie verständigen können: „Wir sind alle interessiert daran, dass es eine einheitliche Vorgehensweise gibt.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits gestern Zustimmung zu Aus­reisesperren signalisiert. Sachsen und Berlin warfen allerdings die Frage auf, wie derarti­ge Sperren überwacht werden sollten. Die „zentrale Frage“ sei, „inwieweit ist das umsetz­bar“, sagte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) im RBB.

Grundsätzlich halte sie es für sinnvoll, wenn Menschen aus Hotspots zuhause blieben, sagte Kalayci. Für Berlin sei das aber „schwierig“, fügte sie hinzu. „Die Bezirke haben die Größenordnung von Landkreisen in anderen Bundesländern. Da kann man natürlich keine Reisebeschränkungen verhängen.“

Ein Sprecher der sächsischen Staatskanzlei sagte der Rheinischen Post, Ausreiseverbote seien ineffektiv, wenn sie nicht überwacht werden könnten. Der Bund habe noch keine präzisen Vorstellungen vorgelegt, wie die Kontrolle aussehen könne. Hier bedürfe es einer Klärung.

afp

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