Medizin

Wie Cannabis das Gehirn des Feten schädigt

  • Montag, 27. Januar 2014

Wien – Die Cannabisdroge THC kann nach Überwindung der Plazentaschranke die Entwicklung des fetalen Gehirns stören. Laut einer Studie im EMBO Journal (2014; doi: 10.1002/embj.201386035) werden – unter anderem im für das Gedächtnis wichtigem Hippocampus – weniger Verbindungen zwischen den Nervenzellen geschaffen.

Epidemiologische Studien haben den Cannabiskonsum von Schwangeren mit intra­uterinen Wachstumsstörungen in Verbindung gebracht. Es gibt auch Hinweise, dass die Kinder später häufiger unter Verhaltensstörungen, Aufmerksamkeitsdefiziten, Angst und Depressionen leiden und selber anfälliger für einen Drogenkonsum sind. Da viele Mütter neben Marihuana auch Alkohol, Nikotin und vielleicht noch andere Drogen konsumieren und die Kinder häufig in einem schwierigen Umfeld aufwachsen, lässt sich der Einfluss von Tetrahydrocannabinol (THC) schwer von anderen Noxen trennen.

Das Team um Tibor Harkany vom Zentrum für Hirnforschung an der Medizinischen Universität Wien kann jetzt an Mäusen zeigen, dass THC die Bildung von neuronalen Netzwerken im Cortex stört. Es kommt zu einer Wachstumsstörung von Axonen, die ihr Ziel nicht erreichen.

Dies könnte, so Harkany, eine direkte Folge der teilweise agonistischen Wirkung von THC am Endocannabinoid 1-Rezeptor sein. Dieser Rezeptor wird bereits in der Fetalzeit gebildet, was für eine funktionelle Bedeutung spricht, die aber derzeit erst ansatzweise verstanden wird.

Weitere Befunde zeigen, dass die THC-Exposition zu einer verminderten Bildung von Stathmin-2 führt. Dieses Protein bindet in der Nervenzelle an den Mikrotubuli, die an der Aussprossung der Axone beteiligt sind. Für Harkany ist dieses Protein für das Verständ­nis der schädlichen Wirkung von THC von zentraler Bedeutung.

Auch bei menschlichen Feten kommt es nach einer THC-Exposition zu einem Mangel an SCG10 in den Nervenzellen unter anderem des Hippocampus. Die Forscher können dies an Hirnpräparaten von Feten (nach elektiven Schwangerschaftsabbrüchen) zeigen. Die Ergebnisse liefern damit eine Erklärung für die klinisch beobachteten Entwicklungs­störungen, die in den epidemiologischen Studien mit einem Cannabis-Konsum in der Schwangerschaft in Verbindung gebracht wurden.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung