Wie das Botulinum-Gift vom Darm ins Blut gelangt
Hannover – Wie das Nervengift des Bakteriums Clostridium botulinum vom Verdauungstrakt ins Blut gelangt, haben Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in einer internationalen Studie mit mehreren Zentren beschrieben. Die Arbeitsgruppe, der auch Andreas Rummel und Anna Magdalena Kruel vom MHH-Institut für Toxikologie angehören, haben ihre Ergebnisse in Science publiziert (DOI: 10.1126/science.1253823).
Normalerweise zerlegen Magensaft und Bauchspeicheldrüsen-Enzyme Eiweißkomplexe in ihre einzelnen Bestandteile. Wie also gelangt der aus 14 Molekülen bestehende Eiweißkomplex bei der tödlichen Lebensmittelvergiftung Botulismus ins Blut?
2012 konnten die Forscher zeigen, dass das Botulinum-Neurotoxin eingepackt und so im Magen und Dünndarm beschützt wird. Im Jahr darauf klärten sie den Aufbau des 14-teiligen Giftkomplexes und dessen Andocken an die Dünndarmwand auf. „Nun beobachteten wir zudem, dass ein ungiftiger Teil, der sogenannte zwölfteilige HA-Komplex, die äußerste Schicht des Dünndarms durchwandert, um von der Rückseite die Kontakte zwischen den Zellen aufzubrechen und so das Gift effizient ins Blut gelangen zu lassen. Dabei bindet der HA-Komplex an den Zellrezeptor ‚E-Cadherin‘“, berichtet Rummel.
Die Wissenschaftler bestimmten auch die Raumstruktur des HA-Komplexes, wenn er an seinen Rezeptor E-Cadherin gebunden ist. Zellbiologische Experimente konnten die funktionelle Rolle der einzelnen Bestandteile zeigen. Daraus könnten sich neue Therapiestrategien ergeben: „Durch den reinen HA-Komplex, der nicht giftig ist, könnte man die Dünndarmwand vorübergehend durchlässiger machen, damit – wenn gewünscht – schlecht resorbierbare Wirkstoffe wie Antikörper oder Interferone bei Hepatitis C-Infektionen vom Darm ins Blut gelangen können“, so Rummel.
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