Wie Dexamethason bei COVID-19 Leben rettet

Berlin – Ob eine frühzeitige Behandlung mit Dexamethason den Verlauf von COVID-19 günstig beeinflussen kann, hängt maßgeblich von der Wirkung auf die Monozyten ab, die ein Teil der angeborenen Immunabwehr sind und bei einer übermäßigen Aktivität mehr Schaden als Nutzen anrichten. Dies zeigt eine Untersuchung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Cell (2024; DOI: 10.1016/j.cell.2024.06.014).
Die britische RECOVERY-Studie hatte bereits im Juni 2020 gezeigt, das eine niedrig dosierte Behandlung mit Dexamethason die Überlebenschancen von Patienten verbessern kann, die wegen eines schweren Verlaufs von COVID-19 im Krankenhaus behandelt werden. Dexamethason ist seither ein Grundpfeiler der Therapie.
Wie genau Dexamethason das Leben der Patienten rettet, war nicht bekannt, außer dass es offenbar eine überschießende Reaktion des angeborenen Immunsystems verhindert. Diese bildet die erste Abwehrlinie gegen Virusinfektionen, die aber im Gegensatz zu der später einsetzenden Antikörperantwort ungezielt ist und dabei auch gesundes Gewebe schädigen kann.
Das Ziel der Dexamethasonbehandlung ist es, diese Kollateralschäden der Immunabwehr zu verhindern. Die Behandlung spricht allerdings nicht bei allen Patienten an. In der RECOVERY-Studie starben etwa 30 % der Patienten trotz der Dexamethasonbehandlung.
Ein Team um Anna Aschenbrenner vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Berlin ist den Gründen in einer Transkriptomanalyse auf den Grund gegangen. Die Forscher sequenzierten die RNA in den Blutzellen von Patienten mit mittelschwerem COVID-19. Diese Einzelzellsequenzierung lieferte Informationen über die Gene, die durch die Behandlung mit Dexamethason an- oder ausgeschaltet werden (Transkriptom).
Die Forscher fanden heraus, dass vor allem die Monozyten unterschiedlich auf die Behandlung mit Dexamethason reagierten. Bei einigen Patienten gelang es, die Aktivität der Zellen zu dämpfen, was sich auf der genetischen Ebene in der vermehrten Ablesung von regulatorischen Genen zeigte, die die Monozyten bremsen und die Bildung von schädlichen Botenstoffen vermindern.
Diese günstige „Dexa Response“ war mit einer erhöhten Überlebenschance der Patienten verbunden. Die „Dexa Response“ kündigte sich bereits wenige Tage nach der Behandlung im Epigenom an. Dort wird festgelegt, welche Gene aktiviert werden können.
Da die Reaktion der Monozyten der Verbesserung des Gesundheitszustands um einige Tage vorausging, könnten die Erkenntnisse für einen Test genutzt werden, mit dem sich das Ansprechen der Therapie vorhersagen lässt, hofft Seniorautor Florian Kurth von der Klinik für Infektiologie und Intensivmedizin der Charité.
Die molekularen Tests könnten in Zukunft als „Companion Diagnostics“ die Therapie begleiten und helfen, frühzeitig die Behandlung anzupassen. Da Monozyten bei allen Infektionen von zentraler Bedeutung sind, könnten die Ergebnisse auf andere Krankheiten übertragen werden, hoffen die Forscher.
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