Wie gesund oder gefährlich sind künstliche Süßstoffe?
Menschen, die nicht auf ihren süßen Zahn verzichten möchten, können auf eine Reihe von künstlichen Süßstoffen ausweichen, die in vielen „Diät“-Getränken aber auch in Fertiggerichten enthalten sind. Ob sie bei der Gewichtsreduktion helfen und die Folgen einer Adipositas vermeiden können, ist umstritten. Die Cochrane-Collaboration hat jetzt für die Weltgesundheitsorganisation die Ergebnisse aus 56 Studien zusammengefasst.
Untersucht wurden die Auswirkungen auf Körpergewicht, Blutzuckerkontrolle, Zahngesundheit, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen, Psyche und Verhalten. In keinem Endpunkt konnte das Team um Privatdozent Joerg Meerpohl von der Universität Freiburg einen deutlichen Vorteil durch den Ersatz von Zucker durch die Süßstoffe ermitteln.
Bei der Gewichtsabnahme halfen die Süßstoffe nur wenig. Erwachsene Menschen mit Übergewicht oder Adipositas nahmen in den randomisierten kontrollierten Studien mit der Hilfe von Süßstoffen 1,99 kg mehr ab. Eine Gewichtsreduktion um fünf Prozent oder zehn Prozent, ab der mit günstigen Auswirkungen auf den Blutzucker zu rechnen ist, dürfte mit Süßstoffen allein kaum zu erzielen sein. Der Nüchternblutzucker wurde in zwei randomisierten kontrollierten Studien gerade einmal um 0,16 mmol/l gesenkt. Das sind weniger als 3 mg/dl und damit nicht der Rede wert (abgesehen davon, dass das Ergebnis statistisch nicht signifikant war).
Bei Kindern wurden ebenfalls nur geringe Effekte gesehen. Der z-Score des Body-Mass-Index nahm in einer randomisierten Studie weniger stark zu, wenn die Kinder zugunsten von Süßstoffen auf zuckerhaltige Nahrungsmittel verzichteten. Ein Einfluss auf das Körpergewicht war dagegen nicht sicher nachweisbar. Andererseits kam es paradoxerweise zu einem leichten Anstieg des Blutzuckers.
Insgesamt gibt es laut Meerpohl keine sicheren Belege dafür, dass Süßstoffe bei Erwachsenen und Kindern eine Adipositas verhindern oder die Gewichtsreduktion erleichtern. Die Metaanalyse fand aber auch keine Hinweise auf eine schädliche Wirkung, etwa auf ein erhöhtes Risiko auf Blasenkrebs (das in der „Canadian Saccharin Study“ in den 1970er-Jahren bei Ratten beobachtet wurde). Die Metaanalyse kann nach Ansicht von Meerpohl eine schädliche Wirkung aber auch nicht ausschließen.
Die Ausgangssituation für die Metaanalyse war jedoch schwierig. Es gibt heute eine Vielzahl unterschiedlicher Süßstoffe und anders als bei Medikamenten lässt sich die Aufnahme auch in kontrollierten Studien nur schwer festlegen. Viele der Studien, die der Metaanalyse zugrunde lagen, hatten eine kleine Teilnehmerzahl. Die Cochrane-Gruppe musste zudem viele Studien ausschließen, weil die Art des Süßstoffes nicht angegeben war.
Vor diesem Hintergrund ist der Nutzen einer Metaanalyse natürlich fraglich. So könnten durch das Mischen von guten und schlechten Studien eventuell vorhandene Vorteile verwischt werden. Die Editorialistin Vasanti Malik von der T.H. Chan School of Public Health in Boston erinnert an eine vor sechs Jahren publizierte randomisierte Studie aus den Niederlanden, in der es durch zuckerlose Süßgetränke gelang, die Gewichtszunahme bei Kindern und Jugendlichen zu begrenzen (NEJM 2012; 367: 1397-406).
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