Wie gesundes Altern möglich ist

Hamburg – Seit 1960 ist die Lebenserwartung in den OECD Mitgliedsländern um rund elf Lebensjahre gestiegen. Aber rund 60 Prozent der Menschen über 65 Jahre haben mindestens drei chronische Erkrankungen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert daher seit 2007 einen bundesweiten Forschungsschwerpunkts „Gesundheit im Alter“. Jetzt stellten in Hamburg die daran beteiligten interdisziplinären Forschungsverbünde Ergebnisse ihrer Arbeit vor. „Die von uns geförderten Projekte ermöglichen eine gezieltere Beratung und helfen, Gesundheitsrisiken früher zu erkennen und ihnen besser vorzubeugen“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU).
Der Erhalt von Selbstständigkeit und Selbstbestimmung ist nach den Ergebnissen der Verbünde entscheidend für das Wohlbefinden alter Menschen. „Die gute Nachricht ist: Diese Faktoren sind beeinflussbar“, sagte der Hamburger Altersmediziner Wolfgang von Renteln-Kruse gestern. Gesundes Altern sei weit mehr als eine medizinische Frage und „in Teilen sogar planbar“. Das hätten neueste Forschungsergebnisse eindrucksvoll nachgewiesen.
Eine Erkenntnis der Forscher ist demnach die Notwendigkeit, die Unterschiede der Geschlechter bei der Gesundheitsförderung im Alter besser zu berücksichtigen. Frauen gäben im Vergleich öfter körperliche Funktionsstörungen an, während bei Männern eher die kognitive Leistungsfähigkeit eingeschränkt sei.
Dies wirke sich etwa auf die Möglichkeit aus, im Alter soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Weiter verweisen die Forscher auf die Dringlichkeit, durch Beratung und Förderung die gesundheitlichen Reserven von Körper, Psyche und Wahrnehmung auszubauen und zu erhalten. So erlaubten einfache Tests eine Früherkennung von Risiken wie Gangunsicherheit, Gebrechlichkeit oder Grenzerfahrungen, die präventiv entschärft werden könnten.
Zudem sprachen sich die Forscher für eine gezielte Behandlungsstrategie für mehrfach erkrankte Patienten aus. Die Wechselwirkungen der einzelnen Krankheiten seien besser als bislang zu berücksichtigen.
So hat das Berliner Projekt AMA gezeigt, dass Autonomie im Alter selbst bei vorhandener Multimorbidität gesichert werden kann, wenn bestimmte persönliche, soziale und institutionelle Voraussetzungen geschaffen werden. ESTHER-Net aus Heidelberg hat Strategien zur Prävention und Versorgung von Gebrechlichkeit erforscht. Der Münchener Forschungsverbund KORA-Age zeigt: Die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, ist ein entscheidender Faktor für das Wohlbefinden im Alter.
Der LUCAS Verbund in Hamburg hat auf Grundlage einer Langzeitstudie Empfehlungen für gezielte Beratung, Früherkennung und Gesundheitsförderung entwickelt. Wie sich Wechselwirkungen einzelner Krankheiten besser berücksichtigen lassen, steht im Zentrum des Hamburger Projekts MultiCare. Ein für Ärzte, ältere Menschen und ihre Angehörigen direkt nutzbares Forschungsergebnis fasst die sogenannte Priscus-Studie zusammen. Sie listet Medikamente auf, die für ältere Menschen potenziell ungeeignet sind.
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