Ärzteschaft

Zu wenig Aufmerksamkeit für COVID-Langzeitfolgen

  • Montag, 6. Dezember 2021
/HNFOTO, stock.adobe.com
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Berlin – Die möglichen Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung bekommen nach Ansicht Eckart von Hirschhausens bisher nicht ausreichend Aufmerksamkeit. „Hinter jeder heiß diskutierten Welle gibt es eine stumme Welle, über die kaum gesprochen wird“, sagte der Moderator und Arzt. Es gehe um die Men­schen, die nach einer Infektion nicht richtig genesen, sondern krank und angeschlagen zurückbleiben.

„Während die Impfgegner von Langzeitschäden der Impfung schwadronieren, die aus dem Nichts auftau­chen könnten – was faktisch nicht der Fall ist –, reden wir viel zu selten über die Menschen, deren Lang­zeitschäden ganz real sind: neurologische Ausfälle, Erschöpfungszustände, Atemnot und Herzprobleme.“

Von Hirschhausen besuchte für seine dritte Coronareportage, die heute (6.12.) im Ersten („Hirschhausen – Corona ohne Ende?“, 20.15 Uhr) ausgestrahlt wird, unter anderem die Rehaklinik Heiligendamm und die Universitätskinderklinik in Jena. „Mir war vor der Reportage nicht klar, wie viele Menschen mit Long COVID es gibt und wie viele davon aus den Gesundheitsberufen kommen“, sagte er dazu.

Er habe in den Therapiegruppen viele Pflegefachkräfte, Ärztinnen und Ärzte und Therapeuten getroffen, die sich oft schon in der ersten Welle angesteckt hätten – und nun Monate bis Jahre darauf warten müs­sten, dass ihnen geholfen wird.

„Sie haben sich angesteckt, während sie ihren Dienst am Menschen taten, und sie mit Leib und Seele das Gesundheitssystem aufrecht hielten: anfangs ohne Masken, ohne Schutzkleidung, ohne Impfung. Wir las­sen sie jetzt das zweite Mal im Stich, wenn sie allein um ihre Anerkennung, Therapien und Rehabilitation kämpfen müssen.“

Zum Thema Impfpflicht erklärte von Hirschhausen, dass ihm bei den vielen Gesprächen mit Ungeimpften für seine Doku klar geworden sei, „welche Macht Falschinformationen haben und wie schwierig es offen­bar für viele Menschen ist, die Glaubwürdigkeit von Quellen im Internet einzuschätzen“.

Er sei lange ge­gen eine Impfpflicht gewesen – „aber zum jetzigen Zeitpunkt glaube ich, wäre sie sogar eine Erleich­terung für viele Zögerlichen“.

Es gebe das Phänomen, dass Menschen, auch wenn sie stille Zweifel an ihrer lange gehegten Überzeu­gung haben, vor sich und anderen nicht ihr Gesicht verlieren wollen, ihre Meinung öffentlich zu ändern. „Deshalb kann mit einer klaren sozialen Norm für alle eine Brücke gebaut werden.“

dpa

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