Zugang zur Gesundheitsversorgung in Deutschland im internationalen Vergleich erstklassig

Köln – Die Bevölkerung in Deutschland hat im internationalen Vergleich einen sehr guten Zugang zur Gesundheitsversorgung. Trotzdem ist die Lebenserwartung in Deutschland unterdurchschnittlich. Das zeigt eine neue Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Krankenversicherung (WIP).
Danach belegt Deutschland im Gesamtranking der Indikatoren zum Versorgungszugang den Spitzenplatz unter zehn europäischen Vergleichsländern. Innovative Arzneimittel stehen den Patienten in Deutschland zum Beispiel im Durchschnitt bereits 47 Tage nach der Zulassung zur Verfügung – im EU-Durchschnitt sind es 474 Tage.
Während die Unterschiede in der Absicherung im ambulanten und stationären Sektor im europäischen Vergleich laut der Untersuchung weniger stark variieren, sticht das deutsche Gesundheitssystem insbesondere bei der zahnärztlichen Versorgung und bei der Arzneimittelversorgung positiv heraus. Zudem profitieren Patienten in Deutschland vom schnellsten Zugang und zugleich größten Angebot innovativer Arzneimittel.
In vielen Ländern müssen sich Patienten zudem an den Behandlungskosten beteiligen. Im europäischen Vergleich sind die Zuzahlungen im deutschen Gesundheitssystem laut der WIP-Übersicht hingegen gering bis moderat.
Die Lebenserwartung liegt in Deutschland aber mit 81,2 Jahren unter dem EU-Durchschnitt von 81,5 Jahren und beispielsweise drei Jahre unter der in der Schweiz. Grund dafür sind laut der Analyse ungesunde Lebensweisen, die zu einem hohen Behandlungsbedarf und überdurchschnittlich vielen Arztbesuchen führen. Im Gesamtranking der gesundheitsrelevanten Lebensstilfaktoren belegt Deutschland unter den zehn betrachteten Ländern tatsächlich den letzten Platz.
Beispielsweise trinken 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mindestens einmal im Monat exzessiv Alkohol – deutlich mehr als im EU-Durchschnitt (19 Prozent). Nur etwa die Hälfte der Erwachsenen erfüllt die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von mindestens 150 Minuten körperlicher Aktivität pro Woche.
53 Prozent sind übergewichtig oder adipös. Auch die Ernährungsgewohnheiten schneiden im Vergleich schlecht ab: Beim Verzehr von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten sowie beim Fett- und Zuckerkonsum gehört Deutschland zu den Schlusslichtern.
„Wenn wir die Lebenserwartung steigern, die Beanspruchung des Gesundheitswesens reduzieren und damit gleichzeitig die Kosten im System langfristig stabil halten wollen, sollten wir gesundheitsbewusstes Verhalten gezielter fördern“, zieht der Institutsleiter Frank Wild ein Fazit der Expertise.
Im Rahmen der Studie hat die Arbeitsgruppe des Instituts neben Deutschland die Länder Österreich, Tschechien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Italien, Schweiz, Großbritannien sowie den Durchschnitt der 27 EU-Mitgliedsländer vergleichend betrachtet.
Die Datenbasis stammt aus Berichten, Statistiken und Datenbanken der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der Weltgesundheitsorganisation und des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat).
Zudem haben die Wissenschaftler Ergebnisse aus Umfragen wie dem Commonwealth Fund International Health Policy Survey, dem European Health Interview Survey sowie der Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen in der EU herangezogen.
„Die Analyse der vorliegenden Daten erfolgt ausschließlich deskriptiv. Eine Ableitung kausaler Zusammenhänge ist daher nicht möglich“, stellt die Arbeitsgruppe klar.
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