Sozialverbände warnen vor Verschlechterungen für minderjährige Flüchtlinge
Berlin – Sozialverbände und Kinderhilfsorganisationen haben die Bundesregierung davor gewarnt, die Versorgung minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland zu verschlechtern. Ein morgen im Bundeskabinett zur Beratung anstehender Gesetzentwurf solle die Möglichkeit schaffen, Standards bei der Aufnahme und Betreuung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen abzusenken, hieß es in einer heute veröffentlichten Erklärung mehrerer Verbände wie dem Deutschen Kinderhilfswerk, dem Paritätischen Gesamtverband und dem Deutschen Kinderschutzbund.
Kinderhilfswerk fordert Hilfestandards für alle Kinder
Künftig solle es den Ländern erlaubt sein, die Kostenerstattungen an Kommunen einzustellen, wenn es keine gesonderten Rahmenverträge für Spezialeinrichtungen für Flüchtlinge gebe, kritisierten die Verbände. „Die Kinder- und Jugendhilfestandards müssen für alle Kinder in Deutschland gleichermaßen gelten, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus“, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, Holger Hofmann. „Hier dürfen keine Kostensenkungen auf dem Rücken der Flüchtlingskinder durchgesetzt werden.“
Nach Einschätzung des Paritätischen Gesamtverbandes verstößt das Gesetzesvorhaben gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es dürfe kein Unterschied zwischen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und in Deutschland geborenen Kindern und Jugendlichen gemacht werden, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider. „Diese Regelung ist ein Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention.“
Das Bundesfamilienministerium wies die Vorwürfe zurück. Eine Sprecherin erklärte, mit der vorgeschlagenen Neuregelung werde keineswegs ein Zwei-Klassen-Recht in der Kinder- und Jugendhilfe eingeführt. Unbegleitete Minderjährige müssten wie bisher die Leistung erhalten, die sie benötigen. Bei der Betreuung der unbegleiteten Flüchtlinge sollten die Länder aber künftig mehr Mitsprache erhalten. Ihnen werde jetzt die Möglichkeit eröffnet, dazu Landesrahmenverträge mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Leistungserbringern abzuschließen, hieß es. Diese Vereinbarungen seien jedoch nicht Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung.
Die beanstandete Regelung ist Teil des Gesetzentwurfs zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen, den die Bundesregierung morgen auf den Weg bringen will. Er soll beispielsweise die Familiengerichte in die Lage versetzen, den dauerhaften Verbleib eines Kindes in einer Pflegefamilie anzuordnen. Im Bereich des Kinderschutzes soll die Zusammenarbeit von Jugendämtern und Gesundheitswesen verbessert werden, etwa bei Verdacht auf Kindesmissbrauch. Die Einsichtnahme in Führungszeugnisse von ehrenamtlichen Betreuern soll praxistauglicher geregelt werden.
Uneingeschränkter Anspruch auf Beratung
In dem Gesetzentwurf ist zudem eine bessere Beratung von Kindern und Jugendlichen vorgesehen. Sie sollen einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten. Die Beratungsstelle oder das Jugendamt müssen nicht wie bisher zuerst prüfen, ob eine Not- oder Konfliktlage besteht, bevor es dem Kind unabhängig von den Eltern hilft.
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