Politik

Sozialverbände warnen vor Verschlechterungen für minderjährige Flüchtlinge

  • Dienstag, 11. April 2017

Berlin – Sozialverbände und Kinderhilfsorganisationen haben die Bundesregierung da­vor gewarnt, die Versorgung minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland zu verschlech­tern. Ein morgen im Bundeskabinett zur Beratung anstehender Gesetzentwurf solle die Möglichkeit schaffen, Standards bei der Aufnahme und Betreuung von geflüchteten Kin­dern und Jugendlichen abzusenken, hieß es in einer heute veröffentlichten Erklärung meh­rerer Verbände wie dem Deutschen Kinderhilfswerk, dem Paritätischen Gesamtver­band und dem Deutschen Kinderschutzbund.

Kinderhilfswerk fordert Hilfestandards für alle Kinder

Künftig solle es den Ländern erlaubt sein, die Kostenerstattungen an Kommunen einzu­stellen, wenn es keine gesonderten Rahmenverträge für Spezialeinrichtungen für Flücht­­lin­ge gebe, kritisierten die Verbände. „Die Kinder- und Jugendhilfestandards müssen für alle Kinder in Deutschland gleichermaßen gelten, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus“, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Deut­schen Kinder­hilfs­werkes, Holger Hofmann. „Hier dürfen keine Kostensenkungen auf dem Rücken der Flüchtlingskinder durchgesetzt werden.“

Nach Einschätzung des Paritätischen Gesamtverbandes verstößt das Gesetzesvor­haben gegen den Gleichheitsgrundsatz. Es dürfe kein Unterschied zwischen unbegleite­ten min­derjährigen Flüchtlingen und in Deutschland geborenen Kindern und Jugend­lichen ge­macht werden, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider. „Die­se Regelung ist ein Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention.“

Das Bundesfamilienministerium wies die Vorwürfe zurück. Eine Sprecherin erklärte, mit der vorgeschlagenen Neuregelung werde keineswegs ein Zwei-Klassen-Recht in der Kin­der- und Jugendhilfe eingeführt. Unbegleitete Minder­jährige müssten wie bisher die Leis­tung erhalten, die sie benötigen. Bei der Be­treuung der unbegleiteten Flüchtlinge sollten die Länder aber künftig mehr Mitsprache erhalten. Ihnen werde jetzt die Möglichkeit er­öff­net, dazu Landesrahmenverträge mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Leistungserbringern abzuschließen, hieß es. Diese Ver­einbarungen seien jedoch nicht Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung.

Die beanstandete Regelung ist Teil des Gesetzentwurfs zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen, den die Bundesregierung morgen auf den Weg bringen will. Er soll bei­spielsweise die Familiengerichte in die Lage versetzen, den dauerhaften Verbleib eines Kindes in einer Pflegefamilie anzuordnen. Im Bereich des Kinderschutzes soll die Zu­sammenarbeit von Jugendämtern und Gesundheitswesen verbessert werden, etwa bei Verdacht auf Kindesmissbrauch. Die Einsichtnahme in Führungszeugnisse von ehren­amt­lichen Betreuern soll praxistauglicher geregelt werden.

Uneingeschränkter Anspruch auf Beratung

In dem Gesetzentwurf ist zudem eine bessere Beratung von Kindern und Jugendlichen vorgesehen. Sie sollen einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung durch die Kin­der- und Jugendhilfe erhalten. Die Beratungsstelle oder das Jugendamt müssen nicht wie bisher zuerst prüfen, ob eine Not- oder Konfliktlage besteht, bevor es dem Kind un­abhängig von den Eltern hilft.

afp

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