Praxisnetze: KBV und Kassen einig über Kriterien zur Anerkennung
Berlin – Die Rahmenvorgabe für die Anerkennung von Praxisnetzen nach § 87 b Sozialgesetzbuch V steht. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben sich auf Bedingungen verständigt, die Praxisnetze erfüllen müssen, um von den Kassenärztlichen Vereinigungen als förderungswürdig anerkannt zu werden. Die Anerkennung ist Voraussetzung, damit einem Netz später ein Teil des Honorarvolumens zugeteilt werden kann. Das bestätigten der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Köhler und Manfred Partsch, Leiter der Abteilung ambulante Versorgung beim GKV-Spitzenverband, gestern auf der KBV-Versorgungsmesse in Berlin. Die Rahmenvorgabe soll zum 1. Mai in Kraft treten.
Die Verpflichtung, Kriterien für anzuerkennende Praxisnetze vorzulegen, ergibt sich aus dem Sozialgesetzbuch V. Darin heißt es in Paragraf 87 b, der Vorgaben zur ärztlichen Honorarverteilung macht, KBV und Spitzenverband müssten sich über „Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze“ einigen. Für solche Netze könnten dann im Sinne der kooperativen Behandlung von Patienten „auch gesonderte Vergütungsregelungen … als ein eigenes Honorarvolumen als Teil der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung … vorgesehen werden.“
Der Rahmenvorgabe zufolge muss ein anerkanntes Praxisnetz aus 20 bis 100 vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Praxen bestehen, in denen neben hausärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzten noch mindestens zwei weitere Fachgruppen vertreten sind. Das Netz muss zudem bereits drei Jahre bestehen und mit mindestens einem nichtärztlichen Leistungserbringer (zum Beispiel einem Krankenpflegedienst oder eine physiotherapeutischen Praxis) oder einem stationären Leistungserbringer kooperieren.
Von der Pharmaindustrie geförderte Netze sind ausgeschlossen
Gefordert wird weiterhin die Unabhängigkeit gegenüber Dritten, wodurch beispielsweise von der Pharmaindustrie geförderte Netze ausgeschlossen werden. Zudem müssen anerkannte Netze bestimmte Managementstrukturen vorweisen, darunter eine eigene Geschäftsstelle, einen Geschäftsführer und einen ärztlichen Leiter beziehungsweise Koordinator zur Umsetzung der Vorgaben.
Die Netze müssen zudem belegen, dass sie bestimmte Versorgungsziele anstreben, und zwar in den Bereichen Patientenzentrierung (Beispiel: Therapiekoordination), kooperative Berufsausübung (Beispiele: gemeinsame Fallbesprechungen, sichere elektronische Kommunikation), verbesserte Effizienz/ Prozessoptimierung (Beispiel: Beschleunigung von Diagnose- und Therapieprozessen im Praxisnetz). Hier soll es verschiedene Stufen der Anerkennung geben. Zuständig für die Anerkennungsverfahren sind die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen.
Köhler und Partsch bezeichneten die vorgesehene Art von Akkreditierung als sinnvoll. Derzeit gebe es noch eine sehr unübersichtliche Netzlandschaft. Veit Wambach, Vorstandsvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze, hält die Hürden nicht für zu hoch. Jeder könne weiterhin das Netz gründen, das ihm sinnvoll erscheine, betonte Wambach. Doch Netze, die im Rahmen des Kollektivvertrags und innerhalb der Regelungen des Sozialgesetzbuchs V arbeiten wollten, sollten durchaus bestimmte Kriterien erfüllen.
Problem Finanzierung
Als Problem gilt nach wie vor die künftige Finanzierung von Praxisnetzen. Die meisten Ärztinnen und Ärzte lehnen es ab, dass für Netzkollegen Geld aus der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung abgezweigt wird. Sie bevorzugen Add-On-Verträge für Netze, deren Leistungen damit extra vergütet würden.
Partsch wiederum machte klar, dass es dann einen Mehrwert für die Versorgung geben müsse: Nur für ein Netz als solches würden die Krankenkassen kein Geld ausgeben. Wambach ist überzeugt, dass sich in Zukunft Lösungen finden werden, die keinen Unfrieden stiften. Denkbar sei zum Beispiel, die Honoraranteile von Netzärztinnen und -ärzten auszulagern und die Verteilung dem Netz zu überlassen.
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