Politik

Krankenhaus­gesellschaft warnt vor Einführung von Versorgungslevels

  • Mittwoch, 18. Januar 2023

Düsseldorf – Die starren Vorgaben der Vorschläge der Regierungskommission zur geplanten Krankenhaus­re­form werden die Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse verhindern. Das erklärte die Krankenhausgesell­schaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) kürzlich.

Die Vorschläge der Regierungskommission sehen unter anderem die Einführung von drei Levels vor, in die sich alle Krankenhäuser eingliedern sollen. Nur Krankenhäuser eines bestimmten Levels sollen damit level­spezifische Leistungen erbringen dürfen. Neben den Versorgungsstufen soll es zudem künftig bundesweit Vorhalteleistungen und Leistungsgruppen geben.

In Nordrhein-Westfalen (NRW) läuft seit November 2022 die Verhandlung zur neuen Krankenhausplanung. Erst­mals sind dort auch Leistungsgruppen, ähnlich dem Vorschlag der Regierungskommission, vorgesehen.

Mit der neuen Planungssystematik, die in NRW über 64 Leistungsbereiche und -gruppen entlang der ärzt­li­chen Weiterbildungsordnung strukturiert werden sollen, werden spürbare Veränderungen in der Kranken­haus­landschaft eingeleitet, sagte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) dem Deutschen Ärzteblatt. „Hier in NRW haben wir gemeinsam bewiesen, dass es sinnvoll ist, alle Akteure – insbesondere die Partner der Selbstverwaltung – einzubinden“, so Morell.

Sowohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) als auch die KGNW hätten mehrfach unterstrichen, dass eine Modernisierung der Krankenhauslandschaft drin­gend notwendig sei. Die DKG hatte gestern ebenfalls bemängelt, dass die Krankenhausgesellschaften sowie anderen Selbstverwaltungsorganisationen nicht mit in die Erarbeitung der Reform einbezogen werden.

Morell begrüßte allerdings, dass Bund und Länder gemeinsam einen Gesetzentwurf erarbeiten wollen und dass auch über Öffnungsklauseln für regionale Besonderheiten gesprochen werde.

Bundesweite Reform darf nicht zum Nachteil für NRW werden

Die nachhaltige Veränderung der Strukturen sei das gemeinsame Ziel aller Beteiligten. „Darauf haben sich vie­le Krankenhäuser in NRW bereits vorbereitet und in ihren Regionen, vor Ort begonnen, ihr Leistungs­spek­trum abzustimmen. Das bedeutet konkret, dass einzelne Kliniken Leistungsbereiche an benachbarte Häuser abgegeben haben und umgekehrt.“

Keinesfalls dürfe sich aber die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Kranken­hausreform in einen Nachteil für die Krankenhäuser in NRW verwandeln. „Unter anderem lehnen wir eine nor­mative Zuordnung von Leistungsgruppen an etwaige Krankenhauslevel ab. Entscheidend müssen weiter­hin die Versorgungsqualität und die Versorgungsrealität und nicht theoretische Erörterungen auf Bundes­ebene sein“, so Morell.

Wenn die Geburtshilfe nur noch von Level-II-Kliniken angeboten werden soll, wie es die Regierungs­kommi­ssion vorsieht, entstünden erhebliche Versorgungslücken für die Bevölkerung.

Allein dieses Beispiel zeige: „Handlungsleitend muss die Antwort der politisch Verantwortlichen auf die Frage sein, welches Versorgungsniveau wir für die Patientinnen und Patienten sicherstellen wollen. Darin begrün­det sich der Anspruch, dass die letzte Entscheidung über die Krankenhausplanung nur von demokra­tisch le­gitimierten Instanzen getroffen werden kann“, so Morell.

Es sei zudem illusorisch zu glauben, dass eine Krankenhausreform ohne zusätzliche Mittel im Gesundheits­system funktioniere. Allein der Umbau der Versorgungsstruktur werde hohe Investitionssummen erfordern.

„Auch eine reine Umschichtung der vorhandenen Gelder im Betrieb, wie es der Bundesgesundheitsminister derzeit offenbar plant, ändert nichts an der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser, die schon jetzt die Daseinsvorsorge in den ländlichen Regionen gefährdet“, betonte Morell.

Auch der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Johannes Albert Gehle, befürchtet, dass die Kliniken in NRW mit der Einführung der Levels ihre spezialisierten Leistungen in vielen Fällen womöglich nicht mehr erbringen können.

Die starre Einstufung der Krankenhäuser sei auch bezüglich der Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses schwierig. „Krankenhausträger sorgen sich, wenn sie nur grundversorgende Leistungen anbieten, dass sie keine entsprechenden Ärzte mehr finden, weil sie uninteressant werden“, sagte Gehle dem Deutschen Ärzteblatt.

cmk

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