Krankenhausgesellschaft warnt vor Einführung von Versorgungslevels
Düsseldorf – Die starren Vorgaben der Vorschläge der Regierungskommission zur geplanten Krankenhausreform werden die Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse verhindern. Das erklärte die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) kürzlich.
Die Vorschläge der Regierungskommission sehen unter anderem die Einführung von drei Levels vor, in die sich alle Krankenhäuser eingliedern sollen. Nur Krankenhäuser eines bestimmten Levels sollen damit levelspezifische Leistungen erbringen dürfen. Neben den Versorgungsstufen soll es zudem künftig bundesweit Vorhalteleistungen und Leistungsgruppen geben.
In Nordrhein-Westfalen (NRW) läuft seit November 2022 die Verhandlung zur neuen Krankenhausplanung. Erstmals sind dort auch Leistungsgruppen, ähnlich dem Vorschlag der Regierungskommission, vorgesehen.
Mit der neuen Planungssystematik, die in NRW über 64 Leistungsbereiche und -gruppen entlang der ärztlichen Weiterbildungsordnung strukturiert werden sollen, werden spürbare Veränderungen in der Krankenhauslandschaft eingeleitet, sagte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) dem Deutschen Ärzteblatt. „Hier in NRW haben wir gemeinsam bewiesen, dass es sinnvoll ist, alle Akteure – insbesondere die Partner der Selbstverwaltung – einzubinden“, so Morell.
Sowohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) als auch die KGNW hätten mehrfach unterstrichen, dass eine Modernisierung der Krankenhauslandschaft dringend notwendig sei. Die DKG hatte gestern ebenfalls bemängelt, dass die Krankenhausgesellschaften sowie anderen Selbstverwaltungsorganisationen nicht mit in die Erarbeitung der Reform einbezogen werden.
Morell begrüßte allerdings, dass Bund und Länder gemeinsam einen Gesetzentwurf erarbeiten wollen und dass auch über Öffnungsklauseln für regionale Besonderheiten gesprochen werde.
Bundesweite Reform darf nicht zum Nachteil für NRW werden
Die nachhaltige Veränderung der Strukturen sei das gemeinsame Ziel aller Beteiligten. „Darauf haben sich viele Krankenhäuser in NRW bereits vorbereitet und in ihren Regionen, vor Ort begonnen, ihr Leistungsspektrum abzustimmen. Das bedeutet konkret, dass einzelne Kliniken Leistungsbereiche an benachbarte Häuser abgegeben haben und umgekehrt.“
Keinesfalls dürfe sich aber die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhausreform in einen Nachteil für die Krankenhäuser in NRW verwandeln. „Unter anderem lehnen wir eine normative Zuordnung von Leistungsgruppen an etwaige Krankenhauslevel ab. Entscheidend müssen weiterhin die Versorgungsqualität und die Versorgungsrealität und nicht theoretische Erörterungen auf Bundesebene sein“, so Morell.
Wenn die Geburtshilfe nur noch von Level-II-Kliniken angeboten werden soll, wie es die Regierungskommission vorsieht, entstünden erhebliche Versorgungslücken für die Bevölkerung.
Allein dieses Beispiel zeige: „Handlungsleitend muss die Antwort der politisch Verantwortlichen auf die Frage sein, welches Versorgungsniveau wir für die Patientinnen und Patienten sicherstellen wollen. Darin begründet sich der Anspruch, dass die letzte Entscheidung über die Krankenhausplanung nur von demokratisch legitimierten Instanzen getroffen werden kann“, so Morell.
Es sei zudem illusorisch zu glauben, dass eine Krankenhausreform ohne zusätzliche Mittel im Gesundheitssystem funktioniere. Allein der Umbau der Versorgungsstruktur werde hohe Investitionssummen erfordern.
„Auch eine reine Umschichtung der vorhandenen Gelder im Betrieb, wie es der Bundesgesundheitsminister derzeit offenbar plant, ändert nichts an der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser, die schon jetzt die Daseinsvorsorge in den ländlichen Regionen gefährdet“, betonte Morell.
Auch der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Johannes Albert Gehle, befürchtet, dass die Kliniken in NRW mit der Einführung der Levels ihre spezialisierten Leistungen in vielen Fällen womöglich nicht mehr erbringen können.
Die starre Einstufung der Krankenhäuser sei auch bezüglich der Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses schwierig. „Krankenhausträger sorgen sich, wenn sie nur grundversorgende Leistungen anbieten, dass sie keine entsprechenden Ärzte mehr finden, weil sie uninteressant werden“, sagte Gehle dem Deutschen Ärzteblatt.
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