Ausland

Belgischer Sexualstraftäter darf sterben

  • Montag, 29. September 2014

Brüssel – Ein Berufungsgericht in Brüssel hat den Antrag des Häftlings Frank Van den Bleeken auf Sterbehilfe gebilligt. „Er kann nun das Gefängnis für 24 Stunden verlassen, um Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen”, bestätigte der Pressesprecher des Beru­fungsgerichts am Montag in Brüssel. Van Den Bleeken hatte geltend gemacht, er sei psychisch unheilbar krank und eine Gefahr für die Gesellschaft. Nach eigenen Angaben leidet er an für ihn unerträglichen „psychischen Schmerzen”. Mitte September hatte ein Gericht in Brüssel dem Häftling das Recht einer Tötung auf Verlangen zugestanden. Dieses Urteil wurde nun formalisiert. Wann genau Van den Bleeken sterben wird, ist nicht bekannt.

Berichten zufolge hatten die belgischen Behörden eine angemessene psychologische Behandlung im Gefängnis nicht gewährleisten können. Das belgische Justizministerium einigte sich daraufhin mit dem Anwalt des Häftlings auf eine Sterbehilfelösung. Der 50-Jährige sitzt wegen mehrerer Sexualdelikte seit fast 30 Jahren im Gefängnis.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bezeichnete die Entscheidung des Beru­fungs­gerichts „eine Bankrotterklärung des Strafvollzugs in Belgien”. Der Häftling habe wegen fehlender Therapiemöglichkeiten im Gefängnis keine Wahlmöglichkeiten gehabt. Des­halb habe er nicht selbstbestimmt handeln können, erklärte der Geschäftsführer der Stiftung, Eugen Brysch, in Dortmund.

Die Schwester eines Mordopfers hat für den Tod auf Verlangen kein Verständnis. „Er soll in seiner Zelle sterben”, sagte die der Tageszeitung Het Laatse Nieuws. Der Anwalt Van den Bleeken verteidigte das Vorgehen. „Mein Mandant leidet unendlich”, sagte Jos Vander Velpen. Durch das Urteil könne er nun in Würde sterben.

Nach dem Gerichtsurteil haben nach Angaben der belgischen Ärztekommission bereits 15 weitere Langzeit-Gefangene in Belgien den Tod statt jahrzehntelanger Freiheitsstrafe beantragt.

Delphine Paci, Präsidentin einer Organisation zur Überwachung der Haftbedingungen in Belgien, machte „unerträgliche” Haftbedingungen für die Todeswünsche verantwortlich. Von den mehr als 1.000 Sicherheitsverwahrten, zu denen auch Van Den Bleeken gehört, seien rund 40 Prozent psychisch krank. Als „apokalyptisch” beschrieb der Geschäfts­führer eines Verbandes für menschenwürdiges Sterben, Benoît Van der Meerschen, die Lage der psychisch kranken Häftlinge.

Im vergangenen Jahr nahmen in Belgien 1.807 Menschen Sterbehilfe in Anspruch. Das waren 27 Prozent mehr als 2012. Seit dem Frühjahr ist Belgien weltweit das erste Land, das für aktive Sterbehilfe keine Altersgrenze mehr vorgibt. Auch unheilbar kranke Kinder können unter bestimmten Umständen aktive Sterbehilfe bekommen. Erlaubt ist aktive Sterbehilfe in Europa auch noch in den Niederlanden und Luxemburg.

kna/dpa

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