Wunsch nach Sterbehilfe steigt in Niederlanden und Belgien an
Brüssel – Wenn die Psyche krank ist, kann das Leben eines Menschen erheblich beeinträchtigt sein. Bis zu 40 Prozent aller Menschen leiden nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einer psychischen Erkrankung. In Belgien, den Niederlanden und Luxemburg können Menschen in dieser für sie scheinbar unerträglichen Situation ihrem Leben ein Ende setzen. Und die Nachfrage nach Sterbehilfe steigt stetig an.
42 Menschen ließen sich 2013 in den Niederlanden unerträgliche psychische Schmerzen bestätigen und nahmen daraufhin Sterbehilfe in Anspruch – dreimal so viele wie im Jahr zuvor, wie aus dem Jahresbericht der Regionalen Prüfungskommission für Sterbehilfe hervorgeht. Insgesamt beendeten im vergangenen Jahr 4.829 Menschen auf eigenen Wunsch ihr Leben; das ist ein Anstieg von rund 15 Prozent im Vergleich zu 2012 (4.188 Fälle).
Die Niederlande hatten 2001 als erstes Land der Welt ein Sterbehilfegesetz verabschiedet. Hier sind Sterbehilfe und ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung nicht strafbar, wenn ein Patient aussichtslos krank ist und unerträglich leidet. Zudem muss er mehrfach ausdrücklich um Sterbehilfe gebeten haben. Ähnliches gilt auch für Demenzkranke. 97 an Demenz Erkrankte nahmen 2013 in den Niederlanden Sterbehilfe in Anspruch, mehr als doppelt so viele wie noch 2012 (42 Fälle). Sie befanden sich laut dem Bericht in der Regel in einem frühen Stadium der Krankheit und waren noch rechtlich einwilligungsfähig.
Belgien, das Nachbarland, gehört europaweit zu den Ländern mit der liberalsten Gesetzgebung bei Sterbehilfe. Seit 2002 ist das Töten auf Verlangen erlaubt, wenn Patienten unerträglich an einer Krankheit leiden. So ließ sich im vergangenen Jahr eine 44-Jährige Frau nach einer missglückten Geschlechtsumwandlung eine Todesspritze setzen.
Seit Februar 2014 ist Belgien zudem weltweit das erste Land, das für aktive Sterbehilfe keine Altersgrenze mehr vorgibt. Auch unheilbar kranke Kinder können unter bestimmten Umständen aktive Sterbehilfe erhalten.
Als das Sterbehilfegesetz 2002 in Kraft trat, nahmen zunächst lediglich wenige hundert Menschen „Tötung auf Verlangen” in Anspruch. Doch allein seit 2010 hat sich der Wunsch nach einem selbstbestimmten Tod fast verdoppelt. Von 953 gemeldeten Sterbehilfefällen im Jahr 2010 stieg die Zahl 2013 auf ein Rekordniveau von 1.807.
Durchschnittlich fünf Menschen pro Tag scheiden in Belgien freiwillig aus dem Leben; sie machen damit rund 1,7 Prozent aller Todesfälle des Landes aus. 67 Patienten in Belgien gaben 2013 als Grund für ihren Wunsch zu sterben eine neuropsychiatrische Krankheit an.
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