Ärzteschaft

Intensivmedizinische Kapazitäten: BÄK mahnt Nachbesserungen an Gesetzentwurf an

  • Montag, 25. Juli 2022
/sudok1, stockadobecom
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Berlin – Mitte Juni hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Referentenentwurf vorgelegt, mit dem im Infektionsschutzgesetz das Verfahren im Falle pandemiebedingt nicht ausreichender überlebens­wich­tiger, intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten geregelt werden soll. Die Bundesärztekammer (BÄK) zeigte sich nicht überzeugt und mahnt Nachbesserungen an.

In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf bemängelt die BÄK unter anderem, dass nur kurz in der Be­grün­dung des Entwurfs aufgegriffen wird, dass die Schaffung ausreichender Behandlungskapazitäten vorran­gig ist.

Offen bleibe darüber hinaus, wem die Entscheidung obliege, ob die gesetzlichen Verfahrensvorgaben Anwen­dung finden und wie die Information darüber zu den Krankenhäusern mit Intensivstation übermittelt werden soll.

„Bereits im Normtext muss zum Ausdruck gebracht werden, dass sich die Regelung ausschließlich auf die pan­demiebedingte spezielle Ausnahmesituation beschränkt, die Gegenstand der Entscheidung des Bundes­verfas­sungsgerichts war“, sagte Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der BÄK.

Da Allokations- und Priorisierungsentscheidungen regelhaft Bestandteil ärztlicher Tätigkeit seien, sei die allein im Fokus des Referentenentwurfs stehende spezielle medizinische Behandlungssituation im Interesse der Rechtssicherheit aller Beteiligten klar zu umschreiben, hieß es von der BÄK.

Durch den expliziten Ausschluss der „Ex-post-Triage“ käme das Gesetz nur zur Anwendung, wenn zwei Patien­ten zeitgleich eine intensivmedizinische Behandlung benötigen. Dabei wäre unerheblich, worin die Notwen­digkeit der intensivmedizinischen Behandlung begründet ist, das heißt, ob sie ihre Ursache etwa in einer In­fektionsbehandlung, einer postoperativen Überwachung, einem Unfall, einem Herzinfarkt oder Schlaganfall hat.

Aus ärztlicher Sicht zwingend ist aber, „dass insbesondere Menschen mit Behinderungen oder ältere Men­schen bei der Entscheidung über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen – wie alle anderen Patien­tinnen und Patienten – weder benachteiligt noch bevorzugt werden“, sagte Günther Matheis, Vizepräsident der BÄK.

Er verwies auf einen entsprechenden Beschluss des 126. Deutschen Ärztetages 2022. Die BÄK betonte, „dass sich Ärztinnen und Ärzte im Falle der Zuteilung knapper Ressourcen unabhängig von der jeweiligen Entschei­dungssituation immer in einem moralischen Dilemma befinden“.

Sei der Gesetzgeber von Verfassung wegen gehalten, wirksame Schutzmaßnahmen für Menschen mit Behin­de­rungen zu treffen, dürfe er die Entscheidung darüber, ob sich die an der Zuteilungsentscheidung beteiligten Ärzte bei Beachtung der Verfahrensanweisungen und materiellen Kriterien rechtmäßig verhalten oder sie nur kein individueller Schuldvorwurf treffe, nicht den Gerichten und der rechtswissenschaftlichen Diskussion überlassen. Vielmehr müsse er sich auch insofern eindeutig zugunsten der Ärzteschaft positionieren, so die BÄK.

EB

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