Politik

Prognose: Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz steigt nicht

  • Donnerstag, 13. Oktober 2016
Uploaded: 17.08.2016 12:02:05 by maybaum
/dpa

Berlin – Die gesetzlich Krankenversicherten könnten im kommenden Jahr von steigen­den Beiträgen verschont bleiben. Das geht aus der Prognose des Schätzerkreises beim Bun­desversicherungsamt (BVA) hervor, die die Behörde heute in Bonn veröffent­lichte. Denn der Zusatzbeitrag, den die Arbeitnehmer allein zahlen müssen, kann laut Schätzung bei 1,1 Prozent bleiben. Er kommt zum allgemeinen Beitrag dazu. Dieser ist auf 14,6 Prozent fixiert. Der durchschnittliche Beitrag bleibt folglich bei 15,7 Prozent vom Einkommen.

Zwar können die 118 einzelnen Krankenkassen auch niedrigere oder höhere Zu­satz­bei­träge von ihren Mitgliedern verlangen. Nimmt eine Kasse aber mehr Geld, drohen ihr Mitgliederverluste und eine schlechtere Position im Wettbewerb. Den allgemeinen Bei­trag teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte. Er bleibt laut Gesetzes­lage unverändert. Kostensteigerungen im Gesundheitswesen müssen die Kassenmit­glie­der allein über die Zusatzbeiträge schultern.

Laut der vorliegenden, offiziellen Schätzung werden für das Jahr 2017 Einnahmen des Gesundheitsfonds in Höhe von 214,8 Milliarden Euro erwartet. Darin ist der Zuschuss des Bundes von 14,5 Milliarden Euro enthalten. Dem stehen voraussichtliche Ausgaben von 229,1 Milliarden Euro gegenüber. Rechnerisch ergebe sich aus den Schätzergeb­nissen keine Veränderung des durch­schnitt­lichen Zusatzbeitragssatzes. Das Bundes­ge­sundheitsministerium (BMG) legt den Zu­satz­beitragssatz zwar erst noch fest. Erwartet wird, dass es sich strikt an der Prog­nose orientiert.

„Die Ergebnisse des Schätzerkreises machen deutlich, dass die gesetzliche Kranken­versicherung finanziell auf einem sicheren Fundament steht“, erklärte Bundes­gesund­heitsminister Hermann Gröhe (CDU). Notwendige Leistungs- und Qualitätsver­besse­run­gen seien mit Augenmaß eingeführt worden. Zudem würden Strukturverbesserungen, wie etwa bei den Krankenhäusern und durch das Präventionsgesetz, zur nachhaltigen Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens beitragen.

„Die heutige Einschätzung der Experten zeigt, dass der Alarmismus, mit dem noch vor Kurzem deutliche Anstiege des Zusatzbeitrages im Jahr 2017 an die Wand gemalt wur­den, völlig unange­messen war“, so Gröhe. Er mahnte, dass eine solche Panikmache „künftig unter­bleiben“ sollte.

Die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, sprach von einem Signal der finan­ziellen Stabilität. „Ich freue mich, dass die gesetzliche Krankenversicherung derzeit finan­ziell besser dasteht, als dies noch vor wenigen Monaten zu erwarten war.“ Den entschei­denden Stabilitätsbeitrag leisteten die Beitragszahler mit dem Zusatzgeld aus dem Ge­sund­heitsfonds.

Deutlicher formuliert es Maria Klein-Schmeink, Sprecherin der grünen Bundestags­frak­tion. Gröhe habe mit den 1,5 Milliarden aus den Rücklagen des Gesundheits­fonds eine äußerst teure und wackelige Fassade errichtet, sagte sie. Zwar bleibe der durch­schnitt­liche Zusatzbeitrag im Wahljahr durch den Griff in die Rücklagen des Gesund­heits­fonds stabil. Mit dem kassenindividuellen Zusatzbeitrag lade die Koalition aber weiterhin den gesamten Kostenanstieg im Gesundheitswesen ausschließlich bei den Versicherten ab.

Aus ihrer Sicht ist es absehbar, dass etliche Kassen – spätestens im Jahr nach der Wahl – trotzdem ihren Zusatzbeitrag würden erhöhen müssen. Schuld seien die „vielen teuren Gesetze der Koalition“. Auch die IG Metall warnte vor steigenden Kranken­kassen­beiträgen nach einer Pause im Jahr der Bundestagswahl. Der weitere Anstieg sei nur aufgeschoben, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban in Berlin. Von Entwarnung für die Versicherten könne keine Rede sein. Die Bundesre­gie­rung greife zu fragwürdigen Mitteln, um einen Anstieg vor der Bundestagswahl zu ver­meiden, sagte er. „Das Kalkül ist offenbar, sich eine weitere Debatte über den Zusatz­beitrag im Wahljahr vom Halse zu halten“, so Urban.

Der Sozialverband VdK Deutschland forderte ein Ende des jetzigen Finanzierungs­sys­tems. Die Arbeitgeber müssten wieder die Hälfte der Kosten tragen, forderte VdK-Präsi­den­tin Ulrike Mascher. „Wir müssen zurück zu einer paritätischen Finanzierung.“ Die Gesundheitsversorgung von älteren, chronisch kranken und armen Menschen sei eine solidarische Aufgabe.

dpa/may

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