Bund sieht keinen Grund für Umbau der Ständigen Impfkommission

Berlin – Zu langsam, personell zu schlecht besetzt, mangelhafte Kommunikation: In der Coronapandemie hat es an der Ständigen Impfkommission (STIKO) und deren Aufstellung in der Pandemie immer wieder Kritik gegeben. Die Bundesregierung stellt nun klar, dass sich am Grundkonzept nichts ändern soll.
In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Union im Bundestag schreibt der Bund, eine „strukturelle Neukonstituierung“ sei „nicht notwendig“. Die STIKO arbeite bereits auf einem „international sehr hohen Niveau“ und habe sowohl in der Ärzteschaft in Deutschland als auch international eine „sehr hohe Reputation“. Die Ausrichtung auf Ehrenamtliche soll bestehen bleiben, die geplante neue dreijährige Berufungsperiode beginnt der Antwort zufolge im März 2023.
Die Regierung weist in der Antwort darüber hinaus darauf hin, dass sich die STIKO sehr wohl der Pandemie angepasst hat. Während sich die ehrenamtlichen Mitglieder des Gremiums sonst üblicherweise drei Mal im Jahr getroffen hätten, habe man die Treffen in der Pandemie intensiviert. Die Beratungen fänden „je nach Bedarf“ statt. Zum Teil im wöchentlichen Rhythmus, wie es weiter heißt. Über die Arbeitsbelastung kann der Bund nichts sagen. Diese lasse sich „nicht abschätzen“.
Das Pensum für die STIKO ist erheblich. Allerdings hat sich das Gremium zuletzt naturgemäß vielfach mit der Pandemie befasst. So sind andere Aspekte liegen geblieben. Ob das hierzulande zu Defiziten führen könnte, sei abzuwarten, schreibt der Bund. In Großbritannien habe der Fokus auf die Bearbeitung COVID-19-bezogener Fragen etwa zu einer Verschiebung andere Impfungen geführt. Das habe Auswirkungen auf die Infektionszahlen.
Erst kürzlich hatte die STIKO ihre Empfehlungen für die Coronaimpfung in Bezug auf die Altersgruppe erneuert. Derzeit wartet die deutsche Bevölkerung darauf, für welche Gruppen das Gremium den neuen Varianten-Impfstoff gegen Omikron empfehlen wird. Die europäische Zulassung wird in Kürze erwartet. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte heute erste Lieferungen des neuen Vakzins gegen BA.1 für die 36. und 37. Kalenderwoche an.
Personalaufstockung bei der STIKO
Der Bund stellt in der Antwort auch klar, dass die STIKO und das RKI mehr Personal erhalten haben. So hätten die STIKO-Geschäftsstelle sowie das Team der Impfmodellierung des Robert-Koch-Instituts (RKI), das eng mit der STIKO zusammenarbeitet, im laufenden Jahr sechs neue Personalstellen erhalten, schreibt die Bundesregierung.
Im Detail wurden nach Angaben des RKI vier Stellen für wissenschaftliche Angestellte, eine im Bereich medizinische Dokumentation/Data Manager und eine Verwaltungsstelle geschaffen. Zwei wissenschaftliche Angestellte und die Verwaltungsstelle sind in der STIKO-Geschäftsstelle, die drei anderen Stellen im Team Impfmodellierung angesiedelt. Der Prozess der Personalrekrutierung sei aber noch nicht vollständig abgeschlossen, sagte eine RKI-Sprecherin.
Bisherige Kommunikation unzureichend
Um Verbesserungen in der Kommunikation zu erreichen – vor allem zwischen dem Bundesgesundheitsminister und STIKO-Chef Thomas Mertens hatte es mehrfach unterschiedliche Aussagen zurselben Zeit gegeben – wurde in der STIKO eine neue Arbeitsgruppe eingeführt. Diese soll sich mit der Pandemiekontrolle beschäftigen.
Es sei erforderlich, „dass bereits in der Phase der Diskussion und Beratung zu einer neuen Impfempfehlung eine kontinuierliche Kommunikation zwischen der STIKO und der Bundesregierung“ bestehte, heißt es in der Antwort.
Dabei solle die Unabhängigkeit nicht berührt werden. Eine erfolgreiche Aufklärungsarbeit in einer Krisensituation sei aber nur möglich, wenn sie einem einheitlichen Leitbild folge und man „sehr eng“ zusammenarbeite.
Das neue Gremium, die Arbeitsgruppe PAIKO-AG, hat sich in der vergangenen Woche erstmals getroffen. Inhalte dazu wurden bisher nicht bekannt. Das Gremium setzt sich aus STIKO-Mitgliedern und Externen zusammen.
Weltweit gibt es 172 Staaten mit Nationalen Impfkommissionen NITAG (National Immunization Technical Advisory Groups), die ähnlich arbeiten wie die STIKO.
121 erfüllen die Kriterien https://waat.eu/de-portfolio/nitag/der Weltgesundheitsorganisation (WHO), 78 davon sind Mitglieder des Globalen NITAG Netzwerks (GNN).
Alle sechs Basiskriterien der WHO erfüllen neben Deutschland viele weitere Länder in Europa und auch weltweit. Die sechs WHO-Kriterien sind eine legislative/administrative Grundlage, formale Aufgabenbeschreibung, implementierte Strategie bei Interessenkonflikten, mindestens fünf Fachbereiche, mindestens ein Treffen pro Jahr sowie Tagesordnung und Hintergrundpapiere werden eine Woche vor der Sitzung veröffentlicht.
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