NAV-Virchowbund stimmt Mitglieder auf politische Auseinandersetzungen ein

Berlin – Der NAV-Virchowbund sieht harte politische Auseinandersetzungen auf die Ärzteschaft zukommen. Dies könne auch die zeitweise Schließung von Praxen bedeuten, erklärte der NAV-Vorsitzende Dirk Heinrich jetzt in einem Schreiben an die Mitglieder. Hintergrund sind die derzeitigen Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD über eine mögliche große Koalition. Die SPD hat dabei die Einführung einer Bürgerversicherung zur Voraussetzung erklärt.
Heinricht betonte, das Gesundheitswesen stehe „am Scheideweg“. Er warnte, bei einer Zusammenführung der privatärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) mit dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) würden Budgetierung und Reglementierung auch im privatärztlichen Bereich Einzug halten.
Kritik von den Grünen
„Das wissen all diejenigen, die Systemkenntnis haben oder die Gebührenordnungen anwenden. Für die Bevölkerung bleibt aber die Existenz zweier Vergütungssysteme und eine daraus resultierende gefühlte Ungerechtigkeit unverständlich“, so Heinrich. Haus- und Fachärzte sollten laut NAV nicht nur die Folgen der aktuellen politischen Weichenstellungen kennen, „sie sollten nach unserer festen Überzeugung parat und gegebenenfalls widerstandsbereit sein“, so der Verbandsvorsitzende.
Die Gesundheitsexpertin von Bündnis90/Grüne, Maria Klein-Schmeink, übte unterdessen scharfe Kritik an Heinrich. Es sei „absolut verantwortungslos gegenüber den Patienten, mit Praxisschließungen zu drohen“, sagte sie. Die Kassenärzte hätten einen Versorgungsauftrag, für dessen Erfüllung sie von den gesetzlich Versicherten gut bezahlt würden. Menschen wegen der finanziellen Interessen eines Teils der Fachärzteschaft in Geiselhaft zu nehmen, sei „mit dem ärztlichen Berufsethos“ nicht vereinbar, sagte Klein-Schmeink. Die Position der Ärztefunktionäre nannte sie „rückwärtsgewandt und reine Besitzstandswahrung“.
Der NAV-Virchowbund hat ein Argumentations- und Informationspapier zur aktuellen Diskussion um die Bürgerversicherung entwickelt. „Wir werden ja häufig im privaten Kreise oder auch von Patienten zu diesen Themen befragt. Das Papier soll Ihnen die Argumentationen noch einmal zusammenfassen und Ihnen eine Hilfe bei der Beantwortung von Fragen sein“, so Heinrich.
Das Papier stellt Thesen auf und diskutiert diese aus Sicht des Verbandes. Eine These lautet zum Beispiel „Die Privatversicherten entziehen sich der Solidarität“. „Falsch! Die Einführung der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde eingeführt, weil es gesellschaftlicher Konsens war, dass gut verdienende Bürger für sich selber zu sorgen hätten und keinen Anspruch auf die Solidarität von Beziehern mittlerer und geringer Einkommen verdienten“, heißt es in dem Papier.
Es sei also nicht so, dass sich heute Privatversicherte der Solidarität entzögen, sondern die Solidarität sei ihnen verweigert worden. „Mit einer Bürgerversicherung zahlt die Sekretärin künftig mit ihren Beiträgen die Herzoperation ihres Vorstandsvorsitzenden“, so die Argumentation in dem Papier.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: