Politik

Krankenkassen gegen Bürgerversicherung zulasten gesetzlich Versicherter

  • Mittwoch, 3. Januar 2018
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Berlin – Die Bürgerversicherung bleibt im Gesundheitswesen ein Thema vor den anstehenden Gesprächen von Union und SPD über eine neue Regierungskoalition. Der GKV-Spitzenverband warnte heute davor, die von der SPD favorisierte Bürgerver­sicherung zulasten ihrer Beitragszahler einzuführen. Die offensichtlichen Probleme der privaten Krankenversicherung (PKV) dürften nicht auf dem Rücken der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gelöst werden, sagte die Vorstands­vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer.

Pfeiffer hatte dabei vor allem Überlegungen im Blick, dass privatversicherte Beamte individuelle Wechseloptionen in die GKV erhalten sollen. Zudem sollen die höheren Arzthonorare für privat Versicherte, so die Überlegungen, möglicherweise zulasten gesetzlich Versicherter anglichen werden, falls die PKV abgelöst wird.

Langfristige Planung nötig

Man müsse sehr genau hinsehen, wie der Übergang in einen einheitlichen Ver­sicherungs­markt gestaltet werden könne, sagte der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas. Er riet der Politik einen möglichen Übergang sorgfältig zu planen und nicht in Aktionismus zu verfallen. Nach seiner Einschätzung ist die PKV in ihrer heutigen Form nicht überlebensfähig. „Früher oder später müssen wir den Weg in einen einheitlichen Versicherungsmarkt finden“, so Baas.

Gesetzlich Versicherte könnten bei einem solchen Übergang dann besonders belastet werden, „wenn teure Versicherte aus der PKV wieder in die Solidargemeinschaft integriert werden, nachdem sie sich in jungen Jahren dem System entzogen haben“. Bei einer freiwilligen Wechseloption würden wohl zu allererst diejenigen in die GKV kommen, die im Alter ihre exorbitanten Versicherungsprämien nicht mehr stemmen könnten oder hohe Risikozuschläge zahlen müssten, weil sie krank sind.

Baas kritisierte, dass es unzählige unterschiedliche Modellrechnungen für eine Bürgerversicherung gebe. Ein einheitlicher Versicherungsmarkt kann nach seiner Einschätzung für den Staat in den ersten Jahren durchaus teurer werden. Langfristig sei jedoch mit einer deutlichen Entlastung zu rechnen. Aber: „Hausnummern in die Welt zu stellen, kann eine sachliche Debatte eines derart komplexen Themas eher erschweren.“

Pfeiffer zeigte sich indessen verärgert, dass die Leistungen der gesetzlichen Kranken­versicherung gegenüber der privaten schlecht geredet würden. „Ob es eine Bürger­versicherung gibt oder nicht, wird die Politik entscheiden. Ich finde es allerdings ärgerlich, dass es immer wieder heißt, die Versorgung in der gesetzlichen Kranken­versicherung sei angeblich schlechter und deshalb beispielsweise Beamten nicht zuzumuten.“

Bürgerversicherung löst keine Probleme

Der Vorsitzende des Beamtenbundes (dbb), Ulrich Silberbach, erklärte hingegen, das Einheitsversicherungsmodell der SPD löse weder die finanziellen oder strukturellen Probleme der GKV, noch sorge es für mehr Gerechtigkeit. Im Gegenteil, mangels Konkurrenz und Quersubventionierung werden am Ende alle gesetzlich Versicherten schlechter versorgt sein als heute und die, die es sich leisten können, werden sich qualitativ hochwertige ärztlich Versorgung auf dem „Markt“ dazu kaufen.

Ähnlich hatten sich bereits Ärzteverbände zur Bürgerversicherung geäußert. Sie lehnen die Bürgerversicherung vehement ab.

dpa/afp/may

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