Medizin

3D-Videospiele könnten Demenz vorbeugen

  • Mittwoch, 13. Dezember 2017
Super Mario / dpa
3D-Computerspiele könnten für ungeübte ältere Menschen von Vorteil sein. Dabei könnten spezielle Spiele für Senioren, die weniger anspruchsvoll sind als Super Mario, mehr Zuspruch erfahren. /dpa

Montreal – Neue Herausforderungen könnten Senioren helfen, geistig fit zu bleiben. Besonders gut geeignet scheinen 3D-Computerspiele. Forscher aus Kanada hatten ältere Menschen „Super Mario 64“ spielen lassen und eine Zunahme der grauen Substanz im Hippocampus festgestellt. Zudem verbesserte sich innerhalb eines halben Jahrs das Kurzzeitgedächtnis. Die Ergebnisse wurden in Plos One publiziert (2017; doi: 10.1371/journal.pone.0187779).

Bei den beiden Kontrollgruppen konnte hingegen keine signifikante Zunahme der grauen Substanz im Hippocampus festgestellt werden. An der Studie hatten 33 Menschen zwischen 55 und 75 Jahren teilgenommen, die die Forscher in drei Gruppen aufteilten: Die erste Gruppe spielte über sechs Monate hinweg Super Mario 64, bei dem eine Figur in einer 3D-Welt Sterne sammeln muss, um eine Prinzessin zu finden. Die Teilnehmer hatten zuvor noch nie 3D-Computerspiele gespielt und taten dies nun fünf Tage die Woche je eine halbe Stunde. Eine zweite Gruppe sollte am Computer über das halbe Jahr hinweg regelmäßig Klavier üben. Auch diese Teilnehmer hatten ähnlich wie die Super-Mario-Gruppe keine Vorerfahrung. Eine dritte Kontrollgruppe bekam keine Aufgaben.

Die Forscher um Greg West von der University of Montreal erfassten bei allen Teilnehmern zu Beginn die Masse an grauer Substanz in drei Bereichen des Gehirns und führten einen Gedächtnistest durch.

Bei den Super Mario-Spielern verbesserten sich neben dem Hippocampus zudem Strukturen in einer Hirnregion, die für Bewegungen und Gleichgewicht zuständig ist. Diesen Bereich hatten offenbar auch die Klavierspieler trainiert. Allein bei den Klavierspielern traten außerdem Verbesserungen in einem Bereich auf, der für Planungen und Entscheidungen wichtig ist.

Bei der Vergleichsgruppe, die nichts Neues lernte, nahm die Menge der grauen Substanz in allen getesteten Gehirnarealen ab. „Die gute Nachricht ist, dass wir solche Effekte wieder rückgängig machen können und das Volumen wieder erhöhen können, wenn wir etwas Neues lernen“, erklärt Ko-Autorin Sylvie Belleville.

Der Hippocampus ist eine Gehirnregion, die neue Eindrücke als Erinnerung speichert und räumliche Informationen zu einer Art inneren Karte zusammenfügt. Die Forscher gehen davon aus, dass die Spieler genau solche inneren Karten erstelltet haben beim Spielen des 3D-Spiels. Mehr graue Substanz in bestimmten Hirnarealen könnte mit einer höheren Intelligenz zusammenhängen. Ein Abbau im Hippocampus bringen Forscher hingegen mit Demenzerkrankungen in Verbindung.

Computerspiele zur Prävention bei wenig mobilen Senioren sinnvoll

Hans Förstl von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Technischen Universität München nimmt an, dass es durchaus sinnvoll sein könnte, Computerspiele einzusetzen, um präventiv gegen Krankheiten wie Demenz vorzu­gehen. Gerade Senioren, die weniger mobil sind und sich deshalb in den immer gleichen Räumen bewegen, trainierten einen Teil des Hippocampus kaum.

Soziale Nachteile, wie sie bei Jugendlichen angemahnt werden, sieht Förstl bei einer moderaten Spieldauer im Alter als weniger relevant an. Zunächst müsse aber herausgefunden werden, wie lange die in der Studie beobachteten Effekte vorhalten und ob sie tatsächlich eine Demenz verzögern oder sogar verhindern können.

Die kanadischen Forscher erklären, dass es sinnvoll sein könnte, 3D-Computerspiele speziell für Senioren zu entwickeln. Da gerade in der Super-Mario-Gruppe einige Teilnehmer abbrachen, vermuten sie, das Spiel könnte für Ungeübte zu schwierig sein. Es könne aber auch sein, dass die Einstellung gegenüber Computerspielen in dieser Generation grundsätzlich zu negativ sei, so die Forscher.

Die Studie baut auf Erkenntnissen der sogenannten Taxi-Fahrer-Studie auf, bei der vor einigen Jahren festgestellt wurde, dass Londoner Taxifahrer ihren Hippocampus trainieren, indem sie innere Karten von London anlegen, um sich auf Fahrer-Prüfungen vorzubereiten. Neuere Studien hatten bereits gezeigt, dass sich das 3D-Com­puterspielen positiv auf bestimmte Gehirnstrukturen bei jungen Menschen auswirkt.

dpa/gie

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