Politik

Apotheker: Geplanter Honorarzuwachs ist zu niedrig

  • Mittwoch, 1. August 2012

Berlin – Die deutschen Apotheker sind empört. Das Bundeswirtschaftsministerium will ab dem kommenden Jahr ihr Honorar von 8,10 Euro je Packung bei verschreibungs­pflichtigen Arzneimitteln auf 8,35 Euro erhöhen, wie aus dem Referentenentwurf zur Apothekenhonorierung hervorgeht. Warum das den Apothekern zu wenig ist und wie sie nun reagieren wollen, erklärt ihr Präsident im Gespräch mit dem „Deutschen Ärzteblatt“.

Uploaded: 01.08.2012 17:54:13 by mis
Heinz-Günter Wolf ©abda

Fünf Fragen an Heinz-Günter Wolf, Präsident der ABDA – Bundes­vereinigung Deutscher Apotheker­verbände

DÄ: Warum ist die geplante Anhebung des Apothekenhonorars aus Ihrer Sicht zu niedrig?
Wolf: Weil sie nicht einmal die Inflations­rate ausgleicht. Zuletzt wurden die Apo­the­kenhonorare vor neun Jahren geändert. Seitdem ist die Inflationsrate um 14,4 Pro­zent gestiegen. Dazu kommen Mehrausgaben für das Apothekenpersonal in Höhe von 18 Prozent. Wenn die Apotheken weiterhin ihr hohes Leistungsniveau halten sollen, müssen diese Kostensteigerungen ausgeglichen werden.

DÄ: Wie werden Sie nun reagieren?
Wolf: Wir wollen der Politik sachlich erklären, weshalb 25 Cent zu wenig sind. Das Wirtschaftsministerium argumentiert unter anderem damit, dass sich die Verbraucher Beitragseinsparungen wünschen. Das ist aber zu einfach dargestellt. Denn die Verbraucher wünschen sich auch eine sichere, flächendeckende Arzneimittelversorgung rund um die Uhr.

Wir werden diese Entscheidung deshalb so nicht akzeptieren. Die Apotheker werden überall im Land auf ihre Abgeordneten zugehen und ihnen erklären, warum eine Anhebung der Honorare auf 8,35 Euro zu niedrig ist. Zurzeit ist Sommerpause. Viele Abgeordnete sind jetzt in ihren Wahlkreisen. Ich bin sicher, dass unsere Argumente vor allem bei Politikern aus Flächenländern Gehör finden werden.

DÄ: Wie haben sich die Einkommen der Apotheker seit der Honorarreform im Jahr 2004 entwickelt – auch mit Blick auf die Preisentwicklung bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und dem Nebensortiment?
Wolf: Die Spreizung bei den Einkommen ist sehr groß. Es gibt auf der einen Seite einige wenige, die sich um ihre Apotheke ein kleines Unternehmen aufgebaut haben und Umsätze in Millionenhöhe machen. Auf der anderen Seite gibt es den Landapotheker, dessen Betriebsergebnis keine 100.000 Euro vor Steuern pro Jahr ausmacht. Insofern ist es schwer, das Einkommen eines „typischen“ Apothekers zu beziffern. Die Treuhand in Hannover hat es einmal versucht: Sie hat einen Verfügungsbetrag von knapp 35.000 Euro pro Apotheke im Jahr errechnet. Aber es gibt auch andere Zahlen. Den größten Teil ihres Umsatzes, etwa 75 Prozent, erwirtschaften die Apotheken mit verschreibungs­pflichtigen Arzneimitteln.

Von der allgemeinen Entwicklung im Gesundheitsbereich sind die Apotheker in jedem Fall abgekoppelt. Zwischen 2001 und 2011 sind die Ausgaben für den stationären Bereich zum Beispiel um 15 Milliarden auf 60 Milliarden Euro angestiegen. Die Ausgaben für den ambulanten Bereich sind um 8,5 Milliarden auf 33 Milliarden Euro angestiegen. Die Ausgaben für die Apotheker sind jedoch mit einem Anstieg um 0,1 Milliarden auf 4,2 Milliarden Euro nahezu gleich geblieben. Das Apothekenhonorar macht übrigens nur einen Bruchteil der GKV-Gesamtausgaben aus. Der Anteil liegt bei 2,3 Prozent.

DÄ: War es eine gute Entscheidung, die Höhe des Honorars vom Arzneimittelpreis abzukoppeln?
Wolf: Ja. Wir selbst haben ja im Jahr 2003 auf diese Änderung hingewirkt. Und wir sind heute noch damit zufrieden. Auf diese Weise sind die Apotheker unabhängig in ihrer Arzneimittelauswahl. Zum Beispiel können sie nun auch preiswerte Generika anbieten, ohne sich selbst wirtschaftlich zu schädigen. Denn sie erhalten ja auch für Generika den packungsbezogenen Festpreis.

Das Problem ist allerdings, dass wir jetzt total abhängig von der Bundesregierung sind. Im Gesetz steht, dass die Regierung regelmäßig prüfen soll, ob ein Anpassungsbedarf der Honorare besteht. Wir haben das seit langem angemahnt und auch die Bundesregierung hat einen Änderungsbedarf gesehen. In Vorgesprächen mit dem Ministerium lagen unsere Vorstellungen auch dicht beisammen – wir fordern eine Anhebung auf 9,14 Euro pro Packung. Deshalb können wir nicht verstehen, dass die Regierung die Honorare nun lediglich um 25 Cent erhöhen will.

DÄ: Wie wichtig sind bundesweit einheitliche Abgabepreise für Medikamente?
Wolf: Extrem wichtig! Die allermeisten Patienten können sich ihren Wohnort nicht aussuchen – und ihre Erkrankung ohnehin nicht. Unterschiedliche Abgabepreise für Arzneimittel wären sozial ungerecht.

fos

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