Abgeordnete basteln weiter am Terminservice- und Versorgungsgesetz

Berlin – Union und SPD basteln eifrig weiter am Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Das zeigen zahlreiche fachliche Änderungsanträge an der Reform, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegen. Das 70-Seiten-Papier enthält eine ganze Reihe von neuen Vorschlägen und Änderungen an bisherigen Vorhaben.
So sollen die Terminservicestellen (TSS) künftig auch Termine für die Gesundheitsuntersuchungen bei Kindern (U1 bis U9) vergeben können. Begründung: Die Untersuchungen haben in der Kinderschutzrichtlinie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorgegebene enge Zeitgrenzen, in denen die Leistung abgerechnet werden kann. Diese Zeiten seien „von erheblicher Bedeutung für Kinder und Eltern“, heißt es im Änderungsantrag.
„Um hier keine Rechtsunsicherheit aufkommen zu lassen, stellt die vorliegende Änderung daher klar, dass es sich bei diesen Untersuchungen nicht um verschiebbare Routineuntersuchungen handelt“, heißt es in der Begründung des Änderungsantrags. Die TSS sollen innerhalb von maximal vier Wochen einen entsprechenden Termin vermitteln. Dieser Änderungsantrag geht auf eine Anregung aus dem Bundesrat zurück.
Um die Ersteinschätzung am Telefon bundeseinheitlich zu regeln, wird die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) damit beauftragt, ein bundeseinheitliches und standardisierten Verfahren zu entwickeln. Mit diesem Triageverfahren sollen gesetzlich Versicherte in Akutfällen in die „richtige Versorgungsebene“ vermittelt werden. Werden Versicherte nach der Telefontriage in eine Notfallambulanz vermittelt, kann diese – so sieht es der Antrag vor – auch in „zugelassene Krankenhäuser erfolgen, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen“.
Über Barrierefreiheit informieren
Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sollen künftig „bundesweit einheitlich“ ihre Sprechstundenzeiten darstellen sowie auch die Barrierefreiheit von Praxen an der TSS angeben. KVen wird es auch erlaubt, neben den Angeboten der KBV eigene digitale Anwendungen für ihre Terminvermittlung zu entwickeln.
Zur Finanzierung des Auf- und Ausbaus der TSS sollen KVen künftig Finanzmittel aus dem Strukturfonds verwenden dürfen, der auf Landesebene von KVen und Krankenkassen gespeist wird. Die Mittel können „beispielsweise dazu genutzt werden, die künftig notwendig gewordene Vorhaltung von medizinisch geschultem Personal zum Zwecke einer qualifizierten Ersteinschätzung zu fördern“, heißt es im Änderungsantrag.
KVen und Ersteinrichtungen
Mit einem weiteren Änderungsantrag wird es den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) untersagt, wie bisher bereits bei einer drohenden Unterversorgung Eigeneinrichtungen zu betreiben. Vielmehr soll dies erst bei eingetretener Unterversorgung erlaubt sein. Damit sollen die KVen zu mehr Anstrengungen verpflichtet werden, Ärzte für die Niederlassung zu gewinnen. Eigeneinrichtungen sollen als Ultima Ratio genutzt werden, wie es hieß. Wenn eine Eigeneinrichtung notwendig ist, soll diese innerhalb eines Jahres entstehen.
Bei den Codierrichtlinien drängt ein weiterer Antrag auf eine Vereinheitlichung zwischen ambulantem und stationärem Sektor. Daher soll künftig die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bei der Festlegung der ambulanten Codierrichtlinien und Prüfmaßstäbe bei Leistungserbringern im Rahmen der sektorenübergreifenden Versorgung mit am Tisch sitzen. Es sei das Einvernehmen mit der DKG herzustellen, heißt es.
Beim MVZ einsteigen
Ein weitere Antrag sieht vor, dass eine bisherige Fehlplanung bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) beseitigt wird. So soll es angestellten Ärzten künftig „jederzeit möglich sein“, Gesellschafteranteile zu übernehmen. Darüber hinaus sollen von den KVen anerkannte Praxisnetze nicht nur bei eingetretener oder in absehbarer Zeit drohender Unterversorgung MVZ gründen dürfen. Dies sei „ein zusätzliches Mittel, um die Sicherstellung der Versorgung, insbesondere auch in ländlichen Gebieten, zu verbessern“, heißt es im Antrag.
Darüber hinaus wird mit einer Änderung klargestellt, dass in MVZ für Dialyseleistungen auch mit einer Dialyse zusammenhängende ärztliche Leistungen zur Behandlung von Grund- und Begleiterkrankungen angeboten werden können. „Zulässig sind beispielsweise hausärztliche, internistische, urologische, kardiologische und radiologische Leistungen. Dies trägt zu einer umfassenden fachübergreifenden Versorgung von Dialysepatienten bei.“
Lücke im Entlassmanagement geschlossen
Um eine Lücke im Entlassmanagement zu schließen, sollen künftig Krankenhausärzte ermächtigt werden, medizinisch notwendige Krankentransporte nach der Krankenhausbehandlung zu verordnen. Derzeit dürfen dies nur Vertragsärzte. Diesen sei jedoch weder eine verlässliche Aussage über die medizinische Erfordernis einer Krankenfahrt nach der Krankenhausbehandlung möglich, noch das Entlassungsdatum bekannt, heißt es in dem Antrag.
Somit könne die Verordnung einer Rückfahrt vom Krankenhaus oftmals nicht vorab durch den Vertragsarzt erfolgen. Aufgrund der fehlenden Verordnungsbefugnis der Krankenhäuser könne derzeit für viele Patienten nach Entlassung aus dem Krankenhaus keine Rückfahrt erfolgen, selbst wenn diese medizinisch indiziert sei, heißt es in der Begründung zum Antrag.
Kein Ende in Sicht
Zu den zahlreichen weiteren Änderungen gehört, dass vorgeschlagen wird, die bisher vorgesehene Erhöhung der Herstellerabschläge von fünf Prozent (Impfstoffe) und zehn Prozent (Influenzaimpfstoff) zu streichen. Ein Ende der Antrags- und Änderungsflut am TSVG ist nicht in Sicht: Weitere Änderungen geprüft werden dem Papier zufolge bei den Streitthemen Vergütungsanreize für Ärzte, Bedarfsplanung und Zulassungssperren, Psychotherapie und auch MVZ.
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