Politik

Abschiebungen sorgen für Kritik bei Ärzten

  • Mittwoch, 14. Dezember 2016

Berlin – Die Ärzteorganisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) hat die für heute geplante erste Sammelab­schie­­­bung von 50 afghanischen Flüchtlingen als unvereinbar mit der Achtung der Men­schenrechte kritisiert.

Medienberichten zufolge sollen auch kranke Geflüchtete abgeschoben werden. Auf der Liste steht laut IPPNW unter anderem ein afghanischer Hindu aus Hamburg. „Die Hindus sind eine in Afghanistan verfolgte Minderheit. Anfang Oktober 2016 hatten die EU und Deutschland im Zusammenhang mit einer Geberkonferenz mit Afghanistan eine Rück­nah­mevereinbarung geschlossen“, erklärte die Ärzteorganisation. Die Unterzeich­nung des Abkommens durch die afghanische Regierung war Voraussetzung für neue Hilfszu­sa­gen. „Dieses Abkommen widerspricht allen humanistischen und demokrati­schen euro­päi­schen Werten“, urteilte die IPPNW.

Die Organisation warnt aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der schlechten me­dizinischen Versorgung vor den Gefahren für die Gesundheit und das Leben der Ab­ge­scho­benen. Insbesondere bei traumatisierten Menschen werde durch die Begeg­nung mit Krieg und Gewalt ein neues Trauma erzeugt, das zu einer lebensgefährlichen Verstär­kung ihres Krankheitsprozesses führen könne, heißt es.

Sie werfen der Bundesregierung vor, Kampfhandlungen, die Verletz­ung von Menschen­rechten und die besondere Gefährdung von Frauen und Kindern zu ignorieren. Die IPPNW weist auf die jüngsten Attacken der Taliban in Masar-i-Scharif und anderen nord­afghanischen Städten hin. Diese hätten gezeigt, wie schnell als sicher eingestufte Regio­nen über Nacht zu hochgefährlichen werden können. Laut der aktuellen Antwort der Bun­desregierung auf eine Große Anfrage der Fraktion Die Linke zum „Krieg gegen den Terror“ galten Ende 2015 nur 14 von 123 Distrikten der neun Nordprovinzen als „kontro­llier­bar“. Nach Angaben von Pro Asyl gab es im ersten Halbjahr 2016 über 1.600 Tote und mehr als 3.500 Verletzte unter der afghanischen Zivilbevölkerung.

„Noch herrscht im Land Krieg. In diese Kriegssituation werden Menschen in die völlige Unsicherheit und Ungewissheit geschickt. Es werden menschenunwürdige Lebensum­stän­de, Hunger und Tod der Deportierten in Kauf genommen. Das ist Unrecht und ver­stößt gegen alle internationalen Vereinbarungen für Geflüchtete,“ erklärte der IPPNW-Arzt Ernst-Ludwig Iskenius.

Die IPPNW begrüßt, dass sich sechs Bundesländer – Brandenburg, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Schleswig-Holstein – gegen die Pläne  der Bundesregierung gestellt haben und appelliert an die übrigen Bundesländer, sich nicht an Abschiebungen nach Afghanistan zu beteiligen.

may/EB

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