Medizin

Abwassertests zeigen Scheitern der Coronamaßnahmen im Flugverkehr auf

  • Dienstag, 31. Januar 2023
/picture alliance, dpa, Bernd von Jutrczenka
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Bangor – Fast alle Flugzeuge, die im März 2022 an 3 Flughafen in Großbritannien landeten, hatten SARS-CoV-2 im Abwasser – unabhängig davon, ob die Passagiere vor dem Flug getestet worden waren oder nicht. Auch im Abwasser der Ankunftsterminals sei das Virus nachgewiesen worden, wie eine Studie in PLOS Global Public Health zeigt (2023; DOI: 10.1371/journal.pgph.0001346).

„Der Flugverkehr spielt bei der globalen Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie COVID-19 eine Schlüssel­rolle. Selbst wenn Reiseeinschränkungen wie das Tragen einer Maske und Negativtestung vor Abflug beste­hen, kann SARS-CoV-2 von asymptomatischen oder präsymptomatischen Infizierten übertragen werden“, schreiben Kata Farkas vom Centre for Environmental Biotechnology an der School of Natural Sciences der Bangor University in Bangor.

Es sind deshalb zusätzliche Überwachungsmethoden erforderlich, um abzuschätzen, wie häufig SARS-CoV-2 über internationale Grenzen getragen wird. Ein solcher Ansatz ist die Testung des Abwassers von ankommen­den Flugzeugen.

Positive Proben aus dem Abwasser ankommender Flugzeuge

Die Forschungsgruppe um Erstautorin Farkas testete das Abwasser aus den Toilettentanks von Lang- und Kurz­streckenflügen, die über einen Zeitraum von 3 Wochen von 8. bis 31. März 2022 an den Flughäfen Lon­don-Heathrow, Edinburgh und Bristol ankamen (23 Proben). Darüber hinaus wurden 150 Proben aus der Kana­lisation der Ankunftshallen der Flughafenterminals genommen.

SARS-CoV-2 wurde in 93 % der Abwasserproben aus den Flugzeugen nachgewiesen. Die Proben aus der Kana­lisation der Ankunftshallen in London-Heathrow und Bristol fielen zu 100 % positiv aus, in Edinburgh enthielten 85 % das Virus.

Tests vor dem Flug verringerten den Viruseintrag nicht

In Großbritannien wurden die COVID-19-Einschränkungen am 18. März aufgehoben, danach waren unge­impfte Flugpassagiere nicht mehr verpflichtet, vor dem Abflug sowie 2 Tage nach der Ankunft einen negativen COVID-19-Test vorzulegen. Aber die Forschenden fanden hinsichtlich der SARS-CoV-2-Konzentration im Abwasser kaum einen Unterschied vor und nach diesem Datum.

„Trotz aller Maßnahmen, die in Großbritannien getroffen wurden, um zu verhindern, dass Infizierte auf Flüge nach Großbritannien gelangen, war das Virus in fast allen getesteten Flugzeugen und auch der Kanalisation der meisten Terminals nachweisbar“, sagt Seniorautor Davey Jones, ebenfalls vom Centre for Environmental Biotechnology an der School of Natural Sciences der Bangor University.

Das könne zum einen daran gelegen haben, dass Flugpassagiere Symptome entwickelten, nachdem sie negativ auf SARS-CoV-2 getestet worden waren. Möglicherweise hätten einige Leute auch Möglichkeiten gefunden, das System zu umgehen. Oder es habe einen ganz anderen Grund. Aber es zeige, dass die Grenz­kontrolle im Hinblick auf die COVID-19-Überwachung im Grunde versagt habe, so Jones.

Viele stiegen trotz Krankheitsgefühl ins Flugzeug

Frühere Untersuchungen der Forschungsgruppe um Farkas und Jones könnten eine Erklärung liefern: Bei einer Befragung von 2.000 Erwachsenen gaben 23 % zu, schon in ein Flugzeug nach Großbritannien gestiegen zu sein, obwohl sie sich krank fühlten.

Nach ihrem Toilettenverhalten auf Flügen gefragt, gaben 13 % der Befragten an, auf Kurzstreckenflügen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu defäkieren. Auf Langstreckenflügen war diese Zahl mit einem Anteil von 36 % noch höher.

Abwassertestung könnte Rolle in der Surveillance von Infektionen spielen

Basierend auf dieser Information und den Raten, mit denen SARS-CoV-2 ausgeschieden wird, schätzen die Forschenden, dass durch die Beprobung von Abwasser an Flughäfen künftig 8-14 % der SARS-CoV-2-Fälle, die über den Flugverkehr ins Land kommen, erfasst werden könnten.

Sie sind der Ansicht, dass die Abwassertestung künftig eine Säule in der Surveillance von Infektions­krank­heiten sein könnte. Die Beprobung könnte darüber hinaus auch andere Infektionen erfassen, etwa Noroviren oder Enteroviren, und so ein klareres Bild davon liefern, welche Pathogene eingetragen werden.

Möglicherweise könnte die Beprobung von Abwasser an Flughäfen auch frühzeitig vor neuen Infektions­krank­heiten warnen. „Es ist nicht möglich, jeden ankommenden Flug zu testen, aber die Testung des Abwassers von ankommenden Langstreckenflügen an einem einzigen Flughafen könnte es bereits erlauben, abzu­schätzen, welche Krankheiten ins Land kommen“, so Farkas.

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