Aderhautmelanom: MEK-Inhibitor verlängert progressionsfreies Überleben
New York – Der MEK-Inhibitor Selumetinib könnte das erste Medikament sein, das die Prognose von Patienten mit metastasiertem uvealen Melanom verlängert. Die im Amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2014; 311: 2397-2405) publizierte Phase II-Studie dokumentiert eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens. Ein Einfluss auf das Gesamtüberleben konnte nicht belegt werden.
Die seltenen uvealen Melanome (6-7 Erkrankungen pro Million Einwohner im Jahr) entwickelt sich aus Melanozyten in der Aderhaut, die der Iris die Augenfarbe verleihen. Da es hier keine Lymphdrainage gibt, kommt es frühzeitig zu einer hämatogenen Streuung, die bevorzugt in die Leber erfolgt. Die mediane Überlebenszeit der Patienten beträgt nur etwa 12 Monate und konnte bisher nicht durch eine Chemotherapie verlängert werden.
Vor einigen Jahren wurde entdeckt, dass 80 Prozent der Patienten Mutationen in den Genen GNAQ oder GNA11 haben, die den sogenannten MAPK-Stoffwechselweg (für: „mitogen-activated protein kinase“) aktivieren. Die Inhibition von MEK, einem Schlüsselenzym dieses Stoffwechselwegs gilt seither als möglicher Ansatzpunkt für eine effektive Therapie des Aderhautmelanoms.
Selumetinib ist ein solcher MEK-Inhibitor, der jetzt erstmals in einer größeren klinischen Studie an Patienten mit uvealem Melanom getestet wurde. An der Studie beteiligten sich 101 Patienten mit metastasierten Tumoren, die an 15 Zentren in den USA oder in Kanada behandelt wurden. Sie erhielten entweder eine Chemotherapie mit Temozolomid oder Dacarbazin oder eine Behandlung mit Selumetinib (75 mg zweimal täglich).
Wie das Team um Gary Schwartz vom Columbia University Medical Center in New York berichtet, konnte Selumetinib das mediane progressionsfreie Überleben von 7 auf 15,9 Monate mehr als verdoppeln. Die Hazard Ratio auf eine Tumorprogression betrug 0,46 und war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,30 bis 0,71 statistisch signifikant. Das mediane Gesamtüberleben wurde von 9,1 auf 11,8 Monate verlängert. Die Hazard Ratio (0,66; 0,41-1,06) verfehlte hier allerdings das Signifikanzniveau, was Schwartz darauf zurückführt, dass die Patienten im Chemotherapie-Arm der Studie nach einer Tumorprogression auf Selumetinib wechseln konnten.
Bei den meisten Patienten kam es unter der Therapie mit Selumetinib zu Nebenwirkungen. Am häufigsten waren Hautausschläge, Ödeme und Sehstörungen. Bei 37 Prozent der Patienten musste die Dosis gesenkt werden, 6 Prozent brachen die Studie ab.
Dennoch könnte Selumetinib zu einer Therapieoption beim uvealen Melanom werden, sofern die vom Hersteller bereits begonnenen Phase III-Studien die Erwartungen nicht enttäuschen sollten. Die Zulassungsbehörden akzeptieren in der Krebstherapie häufig bereits eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens, und bei neuartigen Wirkstoffen mit Aussicht auf einen Durchbruch („Breakthrough therapy designation“) stellt die US-Arzneibehörde FDA eine beschleunigte Zulassung in Aussicht. Selumetinib wird in klinischen Studien auch bei Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom und Schilddrüsenkrebs getestet.
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