Ärzteschaft

ADHS: Kinderpsychiater werfen Barmer GEK Stigmatisierung vor

  • Mittwoch, 30. Januar 2013

Köln – Als „scheinheilig“ hat der Vorsitzende des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (bkjpp), Maik Herberhold, die Schlussfolgerungen der Barmer GEK in ihrem neuen sogenannten Arztreport bezeichnet. Darin beklagt die Kasse eine Zunahme der Diagnosen des Aufmerksamkeitsdefizits/Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) und sieht eine Schuld daran bei Eltern, Lehrern und Ärzten.

Herberhold wies darauf hin, dass bislang nur zwei Krankenkassen in zwei Regionen einen existierenden Vertrag zur Verbesserung der Versorgung von ADHS-Patienten unterschrieben hätten. In diesem Vertrag wird eine Verbesserung der Diagnostik und Therapie durch Teambildung von Kinder- und Jugendpsychiatern und -psychothera­peuten, Kinderärzten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten geregelt.

Er bezieht sich damit auf einen Mustervertrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der bislang nur in Baden-Württemberg und Bremerhaven von zwei Kranken­kassen umgesetzt wurde.

Herberhold weist darauf hin, dass ADHS keine eingebildete Krankheit sei, sondern hinsichtlich der Symptomatik, einer Reihe von Ursachen und der Therapie wissen­schaftlich gesichert sei. Die Autoren des Reports sähen allerdings unter anderem die „Erwartungshaltungen der Eltern“, als Ursache für die Zunahme der Diagnosen an.

„Das kommt einer Gleichsetzung der Patienten und ihrer Angehörigen mit Hypochondern gleich“ kritisiert Herberhold. Viele Kinder und Jugendliche, die früher sozial und in der Schule scheiterten und dann mit Depressionen, Sucht oder auch Kriminalität für verpasste Therapie büßten, könnten heute durch frühzeitige Behandlung vor den nachgewiesenen Spätfolgen einer nicht behandelten ADHS bewahrt werden.

„Der Versuch, Krankheitskosten durch Beschimpfung und Schuldzuschreibung an die Adresse der Angehörigen, oder die Charakterisierung der Krankheit als Unterschichtenphänomen zu senken, ist ein beispielloser Rückfall in finstere Zeiten der Stigmatisierung psychisch Kranker“, so der Berufsverbandsvorsitzende.

hil

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