Ärzte begrüßen G-BA-Entscheidung zur HIV-Postexpositionsprophylaxe

Berlin – Die „Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter“ (dagnä) hat eine Entscheidung des Unterausschusses Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Anwendung antiretroviraler Arzneimittel in der Postexpositionsprophylaxe (PEP) der HIV-Infektion begrüßt.
„Die PEP ist bei hohem Übertragungsrisiko eminent wichtig. HIV-Spezialisten dürfen für eine notwendige PEP aber nicht mit Regressrisiken bestraft werden“, sagte Knud Schewe, Sprecher des Vorstandes der dagnä heute in Berlin. Es sei deshalb gut, dass der G-BA klarstellt habe, dass die PEP bei leitliniengerechter Indikationsstellung eine Frühtherapie darstellt.
Hintergrund ist, dass molekularbiologische Methoden eine Infektion mit HI-Viren erst etwa zwei Wochen nach der Übertragung feststellen können. Muss mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass eine Infektion mit dem HI-Virus stattgefunden hat, werden bei der PEP antiretrovirale Medikamente mit dem Ziel eingesetzt, die Infektion zu blockieren und somit eine Chronifizierung zu vermeiden.
Dabei entsteht für die behandelnden Ärzte aber ein Problem: Keines der in Betracht zu ziehenden antiretroviralen Arzneimittel besitzt eine explizite Zulassung zur postexpositionellen Prophylaxe. Eine antiretrovirale Therapie hingegen kann zulassungskonform in jedem Stadium einer HIV-Infektion begonnen werden.
Es stellt sich also die Frage: Handelt es sich bei postexpositionell applizierten antiretroviralen Arzneimitteln in Fällen, in denen von einer HIV-Infektion ausgegangen werden muss, um eine zulassungskonforme und damit arzneimittelrechtlich unproblematische Frühtherapie oder über einen zulassungsüberschreitenden Einsatz, also einen Off-Label-Use, der infrage kommenden Arzneimittel.
Eben mit dieser Frage hat der G-BA-Unterausschuss Arzneimittel sich beschäftigt. Er verweist zunächst darauf, dass aufgrund von retrospektiv erhobenen Daten die Einleitung einer Postexpositionsprophylaxe bei hohem Risiko für eine erfolgte HIV-Infektion als medizinisch sinnvoll angesehen wird.
„Um vor einer labordiagnostischen Bestätigung der HIV-Infektion eine solche gesicherte Indikationsstellung zu gewährleisten, finden sich beispielsweise in der gemeinsamen Leitlinie der Deutschen und Österreichischen Aids-Gesellschaft konkrete Handlungsanleitungen zur Erhebung des Infektionsrisikos und dessen Evaluation“, sagte der Vorsitzende des G-BA, Josef Hecken.
Der G-BA-Unterausschuss verweist auf eine „den Ärzten im jeweiligen Einzelfall obliegenden Einschätzung“ dazu, ob es zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte und daher der Einsatz antiretroviraler Arzneimittel im Sinne einer Frühtherapie medizinisch sinnvoll ist. Der Ärzteverband dagnä begrüßt diese Sicht. Jetzt sei es wichtig, dass diese Entscheidung auch in der konkreten Praxis umgesetzt werde, betont der Ärzteverband.
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