Ärzte-ohne-Grenzen-Team offenbar Zeuge von Exekutionen in Tigray

Nairobi – Ein Team der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat nach eigenen Angaben beobachtet, wie äthiopische Soldaten in der nördlichen Region Tigray mindestens vier Zivilisten erschossen. Wie MSF gestern mitteilte, ereignete sich der Vorfall im Norden Äthiopiens, an der Straße von Mekele nach Adigrat. Ein Fahrer der Organisation sei mit dem Tode bedroht worden.
Das MSF-Team geriet offenbar in eine Situation, in der äthiopische Soldaten in einen Hinterhalt geraten waren. Bei einem Feuergefecht seien Soldaten verletzt und getötet worden, erklärte Karline Kleijer, Leiterin der MSF-Nothilfeprogramme.
Äthiopische Soldaten hielten nach Kleijers Angaben ein MSF-Fahrzeug und zwei Kleinbusse an, die dahinter fuhren. Die Soldaten hätten die Insassen der Kleinbusse gezwungen, die Fahrzeuge zu verlassen, die Männer seien von den Frauen getrennt und erschossen worden.
Das MSF-Team durfte nach diesem Vorfall weiterfahren, wurde aber später erneut von Soldaten aufgehalten. „Sie zogen den MSF-Fahrer aus dem Fahrzeug, schlugen ihn mit einem Gewehr und drohten ihm mit dem Tod“, erklärte Kleijer.
Schließlich habe der Fahrer wieder ins Fahrzeug steigen und das Team die Fahrt fortsetzen dürfen.
Äthiopische Truppen hatten Anfang November eine Offensive gegen die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF begonnen.
Der furchtbare Zwischenfall verdeutliche die Notwendigkeit, die Zivilbevölkerung in diesem andauernden Konflikt besser zu schützen. „Die bewaffneten Gruppen müssen darüber hinaus humanitäre und medizinische Hilfe respektieren“, mahnte Kleijer.
Rund 60.000 Menschen flüchteten vor der Gewalt in den benachbarten Sudan. Gut drei Wochen später verkündete Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed die Einnahme der Regionalhauptstadt Mekele und das Ende des Militäreinsatzes.
Nach wochenlangen Dementis räumte Abiy in dieser Woche die Präsenz eritreischer Truppen in Tigray ein. Gestern legte die äthiopische Menschenrechtskommission (EHRC) dann einen Bericht vor, in dem eritreische Soldaten beschuldigt wurden, ein Massaker an mehr als hundert Zivilisten in der Stadt Aksum begangen zu haben. Zuvor hatten bereits die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch die Ermordung hunderter Zivilisten in Tigray gemeldet.
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