Ärzteschaft

Ärzte rufen zur verantwortungs­bewussteren Kommunikation in der Pandemie auf

  • Donnerstag, 17. Dezember 2020
/Robert Kneschke, stock.adobe.com
/Robert Kneschke, stock.adobe.com

Stuttgart – Nicht evidenzbasierte Expertenäußerungen können in der Pandemie dem Vertrauen in die Wissenschaft schaden und von Verschwörungstheoretikern ausgenutzt werden. Eine Gruppe medizini­scher Fachgesellschaften unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) for­dert deshalb eine verantwortungsbewusstere Kommunikation von Ärzten und Wissenschaftlern in der Coronapandemie.

Die Coronapandemie habe in Deutschland – wie in vielen anderen Ländern – die Meinung und den Rat von medizinischen Experten und Forschern in das Zentrum öffentlicher Debatten gestellt, heißt es in einer Pressemitteilung. Täglich würden Ärzte oder medizinische Wissenschaftler in den Medien zu ihrer Meinung befragt.

Diese Situation erfordere von den befragten Experten ein hohes Maß an Fachkenntnissen, aber auch an Verantwortung und nicht zuletzt an ethischer und politischer Reflexion. „Dieser Verantwortung werden Ärzte und Wissenschaftler leider nicht immer gerecht“, kritisieren die Fachgesellschaften, neben der DGIM zehn weitere internistische Fachgesellschaften sowie die Arbeitsgemeinschaft der Wissen­schaftli­chen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).

Einer der wesentlichen Gründe dafür ist den Medizinern zufolge, dass viele Expertenäußerungen nicht auf Evidenz basieren, nicht abgestimmt werden und daher in ihrer Gesamtheit den Eindruck erwecken, dass es unter den Experten keine einheitliche Auffassung zur Pandemiebekämpfung gibt.

Insbesondere „Mitteilungen, die gezielt zum Zeitpunkt der Bekanntgabe von Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger lanciert werden und davon abweichende Maßnahmen empfehlen“, sehen die unter­stützenden Fachgesellschaften als kontraproduktiv. Sie unterhöhlten das Vertrauen der Bürger in die po­litischen Empfehlungen in dieser extrem schwierigen Lage und würden von Verschwörungstheoretikern argumentativ genutzt, heißt es in der Pressemitteilung.

Konsentierte Empfehlungen können untergehen

Da diese Mitteilungen oft mit besonderem Nachdruck vorgetragen werden, erzeugen sie ein großes me­di­ales Echo und „überdecken damit die ausgewogenen, konsentierten Empfehlungen beispielsweise der Leopoldina oder der wissenschaftlichen Fachgesellschaften“, warnen die Mediziner.

Sie fordern daher, dass vor öffentlichen Empfehlungen „die unterschiedlichen Ansichten, Erfahrungen und Erkenntnisse in ernsthaften und von Wissen geprägten Kontroversen“ ausgetauscht werden sollen. Anschließend könnten die konsentierten Empfehlungen von wissenschaftlichen Fachgesellschaften oder Akademien gebündelt werden, um sie dann den Bürgern und der Politik in laienverständlichen Worten mitzuteilen.

„Dies entspricht der bewährten Vorgehensweise unseres Berufsstandes, wie sie bei der Erstellung von Leitlinien, Konsensus-Stellungnahmen oder auch im Alltag für die Optimierung der Therapie einzelner Patienten sehr erfolgreich eingesetzt wird“, so die Mediziner. Die Coronapandemie dürfe hier keine Ausnahme darstellen.

nec

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung